“Die XY Versicherung empfiehlt Eignern ihre britisch registrierten Boote und Yachten vor dem 31. Dezember 2020 noch umzuflaggen.“
So oder ähnlich lautet die Überschrift aktueller Rundschreiben einiger Versicherungen und Makler.
Diese ist so pauschal falsch und irreführend.
Wie ich hörte, bringen viele Versicherer das Argument des Wegfalls der Geschäftsgrundlage vor, weil sie durch den Wegfall der Dienstleistungsfreiheit keine Zulassung und Struktur in einem Nicht-EU-Land hätten und befürchten dort auch verklagt werden können (dieses Risiko kann man rechtlich lösen). In Einzelfällen könnten der Wegfall des gemeinsamen Binnenmarktes und der Zollunion unter bestimmten Umständen als Wegfall der Geschäftsgrundlage angesehen werden und somit eine Kündigung des Vertrags rechtfertigen. Das haben allerdings im Einzelfall die Gerichte zu entscheiden. Die Rechtslage ist diesbezüglich noch sehr ungewiss.
Dazu kommt, dass vielfach die Eigner- und Halte-Strukturen hinter großen Yachten rechtlich und steuerlich derart komplex sind, dass mal eine schnelle und vor allem ungeprüft und unbedachte um Registrierung weder so möglich noch anzuraten ist. Dazu kommt, dass aufgrund der Pandemielage die Registrierungsbehörden in vielen Staaten geschlossen, im Home Office oder so überlastet sind, dass eine um Registrierung noch in 2020 gar nicht möglich ist. Der BREXIT war lange Zeit absehbar und ich habe in vielen vor Artikeln dazu ausführlich die rechtlichen und steuerlichen Aspekte auch mit Hinweis auf Versicherungsfragen erörtert. Fünf Wochen vor Weihnachten damit nun eine Proklamation zu starten, ist mehr als ungeschickt. Wem soll das nützen?
EU-residente Eigner und Eigner-Strukturen haben zunächst mit dem BREXIT kein Problem, wenn sich die Yacht nicht im UK-Bereich befindet, sondern in der EU und hier auch verbleibt. Es gelten dann die Regelungen für eine versteuerte oder nicht versteuerte Yacht nach dem EU-Recht bzw. den nationalen Gesetzen weiter.
So war es zum Beispiel bereits in der Vergangenheit überhaupt kein Problem, eine versteuerte und privat genutzte Yacht in der EU auch unter z.B. Jersey Flagge zu betreiben, obwohl Jersey auch in der Vergangenheit nicht zur EU gehörte. Umsatz steuerliche Fragestellungen habe nämlich grundsätzlich nichts mit der Flagge zu tun, sondern mit dem Nutzung Standort der Yacht und dem Beneficiary Owner dahinter. Nach dem BREXIT hat eine UK Flagge keinen anderen Charakter.
Die Probleme im Zusammenhang mit dem BREXIT entstehen vor allem dann, wenn die Yacht oder die Eigner Struktur dahinter in Vertragsbeziehungen verflochten ist, die dem englischen Recht und englischen Gerichtsstand unterliegen. Hier ergeben sich viele Besonderheiten, vor allem bei einem harten BREXIT über die ich aber bereits ausführlich berichtet habe.
>> bitte lesen Sie hier dazu ausführlich
Problematisch kann die Situation auch für Eigner der verbleibenden EU-Staaten sein, die ein Boot im UK Bereich liegen haben. War dieses Boot in einer kommerziellen Konstruktion steuerneutral, so wird es weiter als unversteuertes Boot behandelt. Ist dieses Boot EU versteuert, so verfällt diese Versteuerung im künftigen EU-Ausland nicht sofort, sondern erst, wenn der Eigner es länger als drei Jahre im UK-Bereich und damit künftigen EU-Ausland liegen hat und danach wieder in die EU einführen möchte. Hier besteht aber keine Handlungspanik.
Britische Staatsbürger, die versteuerte Boote in der verbleibenden EU zur privaten Nutzung haben, ergeben sich überhaupt keine Probleme. Boote, die von einer in der verbleibenden EU Struktur gehalten und betrieben werden, sei es als privates Vermögens gut oder als kommerzielle Charteryacht, haben auch dann keine Probleme zu erwarten, selbst wenn der künftige Beneficiary dahinter kein Resident der EU mehr ist.
Problematisch kann die Situation für im UK-Bereich beflaggte und gehaltene Yachten werden, wenn diese in der verbleibenden EU-Charter betreiben wollen, und in einem spezifischen Charterland auf Restriktionen gegenüber nicht EU-Booten und Flaggen treffen. Dies ist im Einzelfall aber genau zu prüfen und dann überlegt zu handeln.
Wir helfen dazu mit einer genauen Analyse und Handlungsempfehlungen gerne weiter. In keinem Fall voreilig und ohne genaue Prüfungn und Abwägung aller Faktoren handeln!
P.S.
Rechtswahlvereinbarungen aus laufenden Verträgen werden grundsätzlich weiterhin Bestand haben. Haben die Vertragsparteien keine Rechtswahl getroffen, wird das anwendbare Recht nach dem Ende der Übergangszeit unter Umständen nicht mehr durch die Rom I-Verordnung bestimmt werden, sondern durch die jeweils nationalen Vorschriften des internationalen Privatrechts. Es besteht aber durchaus die Möglichkeit, dass der britische Gesetzgeber an der Rom I- und der ROM II-Verordnung festhält und damit alles beim Alten bleiben könnte.
Beachten sollte man auch, dass eine zugunsten des englischen Rechts getroffene Rechtswahlklausel im Brexit-Fall, anders als bislang, nicht mehr automatisch auch die Wahl des EU-Rechts beinhalten wird. Dieser Umstand kann, je nach Vertragsgegenstand, zu einer erheblichen Veränderung des Vertrages führen. Die englischen Gerichte werden Jahre brauchen, um den Vertragspartnern Sicherheit über die Auslegung derartiger Verträge zu gewährleisten. Insoweit sollte wohl überlegt sein, ob in neuen Verträgen die Anwendung englischen Rechts, oder nicht eher eine andere Rechtsordnung vereinbart wird. Hilfreich könnte die Vereinbarung eines Schiedsgerichts sein, da Schiedssprüche auch im UK vollstreckt werden können. Denn die Vollstreckung von Schiedssprüchen richtet sich nicht nach EU-Recht, sondern unterliegt dem New Yorker Übereinkommen, das auch das UK ratifiziert hat.
Innerhalb der EU gilt derzeit die Europäische Gerichtsstands- und Vollstreckungs-VO (EuGVVO) als unmittelbar anwendbares Recht in allen Mitgliedstaaten. Sie regelt nicht nur die internationale Zuständigkeit von Gerichten bei grenzüberschreitenden Verträgen, sondern enthält auch Vorgaben für die gegenseitige Vollstreckung von in der EU ergangenen Urteilen. In grenzüberschreitende Verträge empfiehlt sich in jedem Fall, eine Gerichtsstandsvereinbarung aufzunehmen. Die Frage, wo eine Urteilsvollstreckung im Streitfall stattfinden soll, wird künftig noch größere Bedeutung für die Wahl des Gerichtsstands haben als heute. In Bezug auf Großbritannien wird man sich künftig nicht mehr auf die automatische gegenseitige Vollstreckbarkeit von Urteilen verlassen können, wenn Großbritannien im Falle eines EU-Austritts nicht langfristig der EuGVVO vergleichbare Regelungen umsetzt.