Wer 2017 die Presse verfolgt hat, konnte lesen, dass die größte Segelyacht der Welt, die Sailing Yacht A, in Gibraltar arrestiert wurde, weil ihr Eigentümer, ein russischer Milliardär, ausstehende Rechnungen über 15,3 Millionen Euro nicht beglichen haben soll. Ein Anwalt hat nur wenige Stunden nach dem Ablegen der Yacht beim obersten Gericht Gibraltars den Arrest beantragt, wodurch die Yacht arrestiert einen Ankerplatz im Hoheitsbereich der gibraltarischen Justiz ansteuern musste.
Der Schiffsarrest dient der schnellen Sicherung von Forderungen. Fast alle Rechtsordnungen sehen die Möglichkeit vor, ein Schiff arrestieren zu lassen. Ein Schiffsarrest kann – egal ob gerechtfertigt oder nicht – den Betrieb eines Schiffes erheblich beeinträchtigen. Dennoch, soweit es um Forderungen geht, die den Schiffseigner direkt betreffen, erscheint das Vorgehen verständlich.
Problematisch wird es aber, wenn das Schiff oder die Yacht zum Medium-Opfer einer Forderungsstreitigkeit wird, die dessen Eigner gar nicht betrifft.
I.
Wir haben aktuell einen Fall, bei dem die Gesellschaft A in Deutschland eine Charteryacht B besitzt, die sie über eine Vercharterungsgesellschaft C in Malta am Markt zum Charter durch Dritte anbietet. Die Vercharterungsgesellschaft verchartert die ihr angediente und überlassene Yacht in eigenem Namen und auf eigene Rechnung und nutzt für ihr Geschäftsmodell generell fremde Yachten. C vergütet dann A für die Überlassung.
Kommt es nun zu Streitigkeiten zwischen den Charterern und C, kann es überraschend zur einer Arrestierung der genutzten Yacht kommen, obwohl diese gar nicht Partei der Streitigkeiten ist. Die Charterüberlassung wird damit zum Risiko für den Eigner einer Charteryacht, die nicht im Eigentum des Vercharterers stehen.
Im Fall fand die Arrestierung am Einsatzort der in Malta beflaggten Yacht in Kroatien statt, welcher ein Vertragsstaat des Internationales Übereinkommen über den Arrest von Seeschiffen, Brüssel 1952 ist. Wenn das Schiff die Flagge eines Vertragsstaates führt, werden die Bestimmungen des Arrestübereinkommens von den kroatischen Gerichten unmittelbar angewandt und der Arrest für die in Artikel 1 des Arrestübereinkommens genannten Seeforderungen gewährt. Ist das Arrestübereinkommen jedoch nicht anwendbar, so gelten die Bestimmungen des kroatischen Seeschifffahrtsgesetzes, sofern das Land, dessen Flagge das Schiff führt, die Gegenseitigkeit auf Schiffe unter kroatischer Flagge anwendet. Gemäß Artikel 953 Absatz 2 des kroatischen Seeschifffahrtsgesetzes kann das Schiff im Hinblick auf Forderungen, die durch eine Hypothek auf das Schiff gesichert sind, wie im Arrestübereinkommen vorgesehen, festgenommen werden. Da Malta kein Vertragsstaat des Arrestübereinkommens ist, waren die Bestimmungen des kroatischen Seerechts direkt anwendbar.
II.
Generell gilt im Schiffsarrestrecht:
Der Arrest eines Schiffes ist jedoch in vielen Gerichtsbarkeiten weltweit eine übliche Maßnahme zur Sicherung einer Forderung. Im Falle eines Rechtsstreits, unabhängig davon, ob dieser aus einem Vertrag oder einer unerlaubten Handlung resultiert, sind Schiffseigner dem Risiko eines Arrestes ausgesetzt.
Ein Arrest ist eine gerichtliche Verfügung, mit der ein Schiff als Sicherheit für eine so genannte “maritime Forderung” gegen einen Schiffseigner festgehalten wird. Es ist mit einigen Ausnahmen eine weltweit gängige Praxis, dass ein Schiff nur wegen einer “maritimen Forderung” festgehalten werden kann. Was ein “maritimer Anspruch” ist, hängt in hohem Maße von den örtlichen Rechtsvorschriften des Landes ab, in dem der Arrest erfolgt, d. h. ob das Arrestübereinkommen von 1952, das Arrestübereinkommen von 1999 und/oder nationales Recht angewandt wird. Steht die Festnahme nicht im Zusammenhang mit den genannten maritimen Ansprüchen, handelt es sich wahrscheinlich um eine unrechtmäßige Festnahme.
Das Arrestverfahren wird durch den Arrestantrag eingeleitet, den der Antragsteller bei dem Gericht stellt, das für den Hafen zuständig ist, in dem sich das Schiff befindet, und der mit entsprechenden Beweisen belegt wird.
Nach gängiger Praxis gilt die Angelegenheit des Arrestes eines Schiffes als dringend, d.h. über den Antrag wird ex-parte entschieden und der Beschluss ergeht am selben Tag (oder innerhalb eines Tages), an dem der Antrag auf Arrest beim zuständigen Gericht eingereicht wird. Der Antrag auf Arrest wird dem Schiffseigner als Antragsgegner nicht zugestellt, bevor über ihn entschieden wird.
Grundsätzlich kann ein Schiff in jedem Stadium, d. h. vor oder nach Einleitung eines Schieds- und/oder Gerichtsverfahrens in der Sache, als Sicherheit für ein solches Schieds- und Gerichtsverfahren sowie nach Abschluss eines Schieds- und/oder Gerichtsverfahrens in der Sache zur Vollstreckung des Urteils und/oder des Schiedsspruchs arrestiert werden.
Darüber hinaus ist in der Regel (sofern in der jeweiligen Gerichtsbarkeit keine Klage in-rem vorliegt; diese ist ein Rechtsinstitut des römischen Privatrechts; die actio in rem wendet sich als Leistungsklage gegen die Beeinträchtigung eines Rechts) der eingetragene Schiffseigner derjenige, der gegenüber dem Kläger “in personam” (d. h. als persönlicher Schuldner) haftet, d. h. das Schiff gilt als das “richtige” Schiff für den Arrest.
Ist dies nicht der Fall, kann der Schiffseigner als Beklagter einen Fall von unrechtmäßigem Arrest gegen die Kläger geltend machen. Wenn das Unternehmen, das “in personam” (d. h. als persönlicher Schuldner) haftet, nicht der eingetragene Eigentümer des Schiffes ist, das Gegenstand des Rechtsstreits ist, aber dennoch der eingetragene Eigentümer anderer Schiffe ist, können die anderen Schiffe des Unternehmens dennoch festgehalten werden. Dies ist als so genannter Schwesterschiff-Arrest bekannt.
In einigen Ländern (z. B. Frankreich, Südafrika usw.) ist eine weitergehende Möglichkeit des Schiffsarrests (d. h. der so genannte “associated ship arrest”) möglich. Schiffe einer anderen Gesellschaft, die im Eigentum und/oder unter der Kontrolle (direkt oder indirekt) des Eigentümers steht, der gegenüber dem Antragsteller “in personam” (d. h. als persönlicher Schuldner) haftet, können ebenfalls festgenommen werden. Der Arrest für ein verbundenes Schiff wird in dieser Rechtsordnung ermöglicht, um die gesellschaftsrechtlichen Regelungen zu durchbrechen und den Gläubigern die Möglichkeit zu geben, Schiffe zu arrestieren, die zwar von demselben Unternehmen kontrolliert werden, das das Schiff im Zusammenhang mit dem Streitfall kontrolliert, aber nicht unbedingt in dessen unmittelbarem Eigentum stehen.
Wird der Arrest bewilligt, kann der Eigentümer des arrestierten Schiffes den Arrestbefehl gegen die arrestierende Partei (den Kläger) anfechten und geltend machen, dass der Arrest unrechtmäßig ist. Als unrechtmäßiger Arrest eines Schiffes gilt im Allgemeinen ein Arrest, der bösgläubig oder grob fahrlässig durchgeführt wurde. Dies ist der Fall, wenn ein Arrestant (Antragsteller) den Arrest eines Schiffes ohne triftigen Grund, d. h. ohne einen begründeten Anspruch, beantragt, um den Schiffseigner ungebührlich unter Druck zu setzen.
In der Praxis ist es für Schiffseigner schwierig, den Arrestbeschluss erfolgreich anzufechten und/oder eine Klage wegen unrechtmäßiger Festnahme gegen eine festnehmende Partei durchzusetzen, es sei denn, es gibt einige verfahrensrechtliche Fragen zu klären (z. B. ob die korrekte verklagte Einrichtung als Beklagte benannt wurde und/oder ob der Anspruch, für den der Arrest gewährt wurde, ein Seeanspruch ist), da die Beweislast für Bösgläubigkeit oder grobe Fahrlässigkeit sehr hoch ist, während der Nachweis des Bestehens eines vertretbaren Anspruchs als Grund für den Arrest ausreicht.
In bestimmten Gerichtsbarkeiten (meist im Common Law) ist es möglich, vor Gericht einen Einspruch gegen die Verhaftung einzulegen. Das, was man im Civil Law, z.B. in Deutschland als Schutzschrift in zu erwartenden Eilverfahren kennt, ist hier im Schiffsarrestverfahren nach dem Civil Law nicht möglich. Soweit aber möglich, verpflichtet eine Einrede gegen die Verhaftung die verhaftende Partei, die Eigentümer von der bevorstehenden Verhaftung zu benachrichtigen, bevor die Verhaftung durchgeführt wird. In den meisten zivilrechtlichen Gerichtsbarkeiten gibt es diese Möglichkeit jedoch nicht.
Wenn die Schiffseigner von potenziellen Ansprüchen gegen sie wissen, die zu einem Arrest eines Schiffes in einer bestimmten Rechtsordnung führen könnten, ist es daher am sinnvollsten, proaktiv vorzugehen und eine Möglichkeit zu erwägen, den Kläger zu kontaktieren und im Voraus eine Sicherheit zu leisten, um einen Arrest des Schiffes zu verhindern und Schäden zu vermeiden und/oder zu mindern.
Wenn die Wege eines Schiffes so festgelegt sind, dass die Schiffseigner die Häfen, die ihre Schiffe üblicherweise anlaufen, gut kennen, können sie auch routinemäßig das Register oder die Datenbank des örtlichen Gerichts abfragen, um festzustellen, ob es neue oder potenzielle Ansprüche, Verfügungen, Gerichtsbeschlüsse oder Haftbefehle gegen ihre Schiffe gibt. Diese Methode könnte zu umständlich und unsicher sein. Über den Antrag auf Arrest des Schiffes wird nämlich in der Regel ex-parte entschieden, und der Beschluss ergeht am selben Tag (oder innerhalb eines Tages), an dem der Antrag auf Arrest beim zuständigen Gericht eingereicht wird, was nicht ausreicht, um die Eigner im Voraus zu warnen.
Die Partei, die den Arrest beantragt, hat Anspruch auf eine Sicherheitsleistung in Höhe des nach vernünftigem Ermessen bestmöglichen Falles, d. h. in Höhe des Hauptbetrags der Forderung zuzüglich eines Zuschlags für Zinsen und Kosten.
Der Höchstbetrag der zu leistenden Sicherheit hängt von der Anordnung des Gerichts ab, kann jedoch von Land zu Land variieren und hängt auch davon ab, ob der Eigentümer nach den für die jeweilige Gerichtsbarkeit geltenden Gesetzen oder Übereinkommen ein Recht auf Beschränkung hat. Solche Grenzen sollten bei der Erörterung und Aushandlung der Höhe der Forderung und der zu leistenden Sicherheit berücksichtigt werden, um sicherzustellen, dass sie die gesetzlichen Grenzen der für diese Gerichtsbarkeit geltenden Übereinkommen oder lokalen Rechtsvorschriften nicht überschreiten.
Wird ein Schiff aufgehalten, muss der Eigner in der Regel eine angemessene (ausreichende) Sicherheit leisten, um die schnellstmögliche Freigabe des Schiffes zu erwirken und so den Schaden zu begrenzen. Es gibt zwar zahlreiche Formen der Sicherheitsleistung (z. B. Bankgarantien, Bareinlagen, Garantien von Versicherungsgesellschaften, Verpflichtungserklärungen und/oder Kautionen), doch scheint die Form einer vom P&I-Club ausgestellten Verpflichtungserklärung (Letter of Undertaking – LOU) die geeignetste Form einer angemessenen Sicherheit zu sein.
Ein LOU des P&I-Clubs ist eine Sicherheit in ausgehandelter Höhe, die innerhalb kürzester Zeit und in der Regel kostenlos ausgestellt werden kann, so dass Verzögerungen, Kosten und Unannehmlichkeiten, die ein Arrest eines Schiffes unweigerlich verursacht, vermieden werden.
Aufgrund der Größe eines Schiffes ist es nicht einfach, für eine Yacht eine P&I-Deckung bei einem P&I-Club (Mitglied der IG der P&I-Clubs) zu erhalten. Aber selbst eine P&I-Deckung bei einem P&I-Club mit fester Prämie bietet ein viel höheres Maß an Schutz und Unterstützung als eine Standard-Haftpflichtversicherung für Yachten bei anderen Versicherern.
Sobald eine angemessene Sicherheit geleistet wurde, muss die festhaltende Partei den Arrest aufheben und das Schiff freigeben.
Sobald eine angemessene Sicherheit geleistet und akzeptiert wurde, ist eine festnehmende Partei (d. h. der Antragsteller) im Allgemeinen nicht berechtigt, ein Schiff für denselben Anspruch erneut festzunehmen, um den Betrag der Sicherheit zu erhöhen.
In Anbetracht der obigen Ausführungen sollten die Schiffseigner, sobald sie von einem Anspruch und/oder einer Forderung erfahren, die zu einem Arrest des Schiffes führen könnten, geeignete Maßnahmen ergreifen, um entweder den Arrest des Schiffes zu verhindern (d.h. an die Kläger heranzutreten, um eine Sicherheitsleistung auszuhandeln) oder, falls dies nicht möglich ist, eine angemessene Sicherheit zu stellen, durch die das Schiff so schnell wie möglich aus dem Arrest befreit wird, und dazu bereit zu sein. Eine angemessene Haftpflichtversicherung / P&I-Deckung ist für diesen Zweck unerlässlich.
III.
Die oben dargelegten Grundsätze mögen Eignern von kommerziellen Schiffen und vor allem Handelsschiffen bekannt sein, sie sind es aber in der Regel keinem Eigner einer Yacht, die er über sogenannte Charterbroker diesen überlassend zur Vercharterung anbietet.
Da das Risiko der Arrestierung kaum präventiv ausgeschaltet werden und der Yachteigner mit seiner Yacht auch dann Opfer eines maritimen Anspruchs im weitesten Zusammenhang mit seiner Yacht im Charter werden kann, kann das Risiko nur über absolute Informationstransparenz und klare schuldrechtliche Regelungen mit dem Vercharterer gelöst werden, dass Konflikte z.B. zwischen Vercharterer und Chartergast umgehend – soweit möglich – gütlich gelöst werden.
Nichtsdestotrotz: Ein Restrisiko bleibt, dessen sich jeder vercharternde Eigner bewusst sein sollte.
IV.
Als im maritimen Recht spezialisierte Anwälte können wir nur raten im Falle der Arrestierung unverzüglich kompetente Vertretung einzubeziehen. Wir können nicht nur dafür sorgen, dass die Yacht – ggf. gegen Sicherheitsleistung – schnellstmöglich wieder freikommt und damit weiterer Schaden vermindert wird, sondern wir können auch Schadensersatz im Falle ungerechtfertigter oder formell falscher Arrestierungen geltend machen.
(Christoph Schließmann & Zdravko Ka?i?)