Wenn die Weltmeere in pandemischen Zeiten nicht ganz so einfach bereist werden können, liegen höchst lohnende Destinationen quasi „um die Ecke“ und verdienen mehr als nur Beachtung.
Ich habe mir die Region Achensee und die dortige Schifffahrt einmal näher angesehen und bin zutiefst beeindruckt von der Schönheit der Region. Der bis zu 133 m tiefe Achensee ist der größte See Tirols und ruht majestätisch eingebettet zwischen Karwendelmassiv im Westen und Rofangebirge im Osten. Auf Grund seiner Größe und der etwa für Segler und Surfer optimalen Windverhältnisse wird der See auch gerne als “Tiroler Meer“ bezeichnet. Er ist eine einzigartige Kulisse aus Wasser und Fels, Wiesen und Wäldern und ausgezeichneten touristischen Angeboten. Mit seiner hervorragenden Wasserqualität bietet er bis zu zehn Meter Sichtweite unter Wasser. Die Wassertemperatur ist einem Gebirgssee entsprechend niedrig und überschreitet kaum jemals 20 °C. Während bei Schönwetterlagen vormittags ein leichter Südwind dominiert, bläst nachmittags oft der kräftige „Boarische“ von Norden (3-5 Beaufort). Ideal zum Segeln.
Wie auch zumTauchen, bedarf es einer örtlichen Genehmigung, will man ein Segelboot zu Wasser lassen. Mit Aushändigung der Jahresmarke erteilt die Seeverwaltung Achensee die Gestattung den Achensee mit einem Segelboot zu befahren. Die Gestattung wird nur Personen erteilt, die über eine entsprechende Segelberechtigung verfügen. Zum Nachweis für die erteilte Gestattung ist die hierfür ausgegebene Jahresmarke auf dem Spiegel am Achter des Bootes anzubringen. Die Überlassung des Segelbootes an Personen, die keinen Segelschein besitzen, und das Ver-hängen des Segelbootes an den Schifffahrtsanlagen der Achenseeschiffahrt-GesmbH ist nicht gestattet.
Am Achensee gelten das aktuelle Schifffahrtsgesetz, die Seen- und Flussverkehrsordnung sowie das allgemeine Gefährdungsverbot.
Für private Motorboote gibt es keine Genehmigung.
Wer die drei Motorschiffe MS „Tirol“, „Innsbruck“ und „Achensee“, gebaut zwischen 1994 und 2016 auf dem Achensee kreuzen sieht, alle um die 46 m lang, 10 m breit und bis zu 600 Personen fassend, fragt sich als vielleicht, wie diese nautischen Riesen in die Region kommen. In Teilen auf großen Tiefladern, wie ich erfuhr. Bereits 1887 wurde das erste Schiff in Teilen auf Pferdefuhrwerken von Jenbach im Inntal hinauf auf den rund 930 m hoch gelegenen See geschleppt. Die dortige Werft am Ufer von Pertisau ist dafür ausgerichtet, die Schiffe zusammenzubauen und vor allem auch laufend zu warten.
Das Motorschiff „Achensee“, der jüngste Neuzugang, wurde 2015/2016 von der ÖSWAG-Werft in Linz gebaut und hat am 23. Juli 2016 seinen offiziellen Dienst aufgenommen. Das 500 Personen fassende Schiff ist behindertengerecht ausgelegt und bietet Bordgastronomie. Das Innere besticht durch elegante Schönheit, gepaart mit höchstem Komfort, neuester Technik und viel Liebe zum Detail. Das Herzstück des Schiffes bildet die Galerie, welche den Gästen einen Blick vom Haupt- ins Oberdeck und umgekehrt ermöglicht. Die MS Achensee dient überwiegend als Eventlocation der besonderen Art und soll seinem Namensgeber ein würdiger, eleganter Partner sein. Das Schiff ist aufgrund seiner räumlichen Auslegung, der Größe und seiner schlichten Eleganz bestens geeignet für unterschiedlichste Events und Sonderveranstaltungen.
Interessant ist die Dockanlage in der Werft Pertisau, die auf die natürlichen Wasserstände des Achensees ausgerichtet ist. Der See erreicht um den 12. Oktober einen Minusstand von 3 Metern. Ab dieser Marke ist uns ein An- bzw. Ablegen auf allen Landungsstegen nicht mehr möglich. Die Schiffe müssen auf das Trockendock in der Werft und dieses Manöver ist ab einem Seestand von minus 3,30 Meter nicht mehr möglich.
Die Schwankungen beruhen vor allem auf der Energiewirtschaft. Der Tiroler Energieversorger TIWAG nutzt nämlich seit Jahrzehnten die Möglichkeiten des Tiroler Sees, um Strom zu gewinnen.
Aufgrund eines Bescheides aus dem Jahr 1971 durfte die TIWAG über Winter den Achensee bis auf 11,50 Meter absenken, der allerdings lief mit Anfang August 2013 aus. Vor allem der Zeitpunkt für die jährliche Wiederauffüllung des Gewässers sorgte bei den Achenseern für Diskussionen. Die Wasserrechtsbehörde hatte der TIWAG genehmigt, den See erst mit 15. Juli jeden Jahres auf Nullpunkthöhe zu bringen. Doch für Bevölkerung und vor allem die Touristiker war das nicht akzeptabel. Es sei einfach nicht schön, wenn der See zu Beginn der Sommersaison nicht voll ist, auch für die Achenseeschifffahrt sei das ein wichtiges Kriterium, begründet. Nach intensiven Verhandlungen und einer Adaptierung der Pegelstandsregelung konnte jedoch ein einvernehmlicher Kompromiss zwischen Energiewirtschaft und Gemeinden erzielt werden. Hinzu kommt unser mannigfaches Engagement bei Investitionen in die touristische Infrastruktur am und rund um den See. Die ursprüngliche Regelung aus dem Jahr 1923, die eine Absenkung bis auf minus fünf Meter erlaubt, gilt jetzt wieder. Laut neuer Vereinbarung muss der See jetzt bereits bis spätestens 1. Juni auf Nullpunkthöhe sein, damit er sich seinen Besuchern von seiner schönsten Seite zeigen kann.
Die großen Schiffe am Achensee werden also jedes Jahr rechtzeitig in die Trockendocks gefahren, wo sie dann mit Absenkung des Wasserspiegels automatisch zum Liegen kommen. Über Winter können dann bequem alle Maintenance-Arbeiten verrichtet werden, so dass ab etwas Mail mit Erhöhung des Wasserstandes die Schiffe wieder den Betrieb aufnehmen können.