Charter-Pauschalreise und ihr Schicksal unter Corona / Teil 2

Manche Reiseveranstalter versuchen derzeit, einen Teil ihrer Kosten zu kompensieren, indem sie ihren Kunden hohe Aufwandsentschädigungen für die Rückabwicklung der Reise in Rechnung stellen. Für derartige Forderungen besteht aber weder eine vertragliche noch eine rechtliche Grundlage für einen Zahlungsanspruch seitens der Veranstalter.

Derzeit gibt es keine gesetzliche Regelung, nach der Kunden statt einer Rückzahlung auch einen Reise-Gutschein akzeptieren müssen.

Viele Unternehmen bieten statt Geld derzeit auch Gutscheine als Kompensation an. Sie sind für Verbraucher jedoch bislang keine sichere Alternative, da sie im Falle einer Insolvenz des Reiseveranstalters wertlos sind. Deshalb sind Kunden derzeit nicht verpflichtet, sich mit einem Gutschein zufrieden zu geben. Vorsicht, wenn sich ein Reiseveranstalter auf die Pläne der Bundesregierung beruft, Gutscheine als gesetzliche Ersatzleistung zuzulassen. Dazu müsste das geltende EU-Recht geändert werden. Aktuell lehnt die EU dies ab.

Wie steht es um das Risiko der in Vorauskasse gezahlten Reisekosten?

Meist zahlen Reisende den Preis für eine gebuchte Pauschalreise in Vorauskasse und setzen sich damit dem Risiko der Insolvenz des Reiseveranstalters bis zur  vollständigen Erfüllung aus. Das Risiko besteht neben dem geringen Eigenkapital kleinerer Veranstalter vor allem auch durch deren Abhängigkeit von ausländischen Leistungsträgern.

Eine solche Situation soll mithilfe einer Absicherung des Kunden nach den Vorgaben der novellierten Pauschalreiserichtlinie und deren Umsetzung in §§ 651r, 651s, 651t BGB vermieden werden. Reiseveranstalter werden dazu verpflichtet eine Kundengeldabsicherung abzuschließen. Diese sichert die Erstattung des vorab gezahlten Reisepreises für im Falle der Zahlungsunfähigkeit oder Eröffnung des Insolvenzverfahrens ausfallende Reiseleistungen ab. Auch die vertraglich vereinbarte Rückbeförderung des Reisenden und dessen Unterbringung bis zum Zeitpunkt des Transports sind abzusichern.

Reiseveranstalter mit Sitz in einem anderen EU- oder EWR-Staat erfüllen im Rahmen ihrer Dienstleistungsfreiheit nach Art. 56 AEUV ihre Pflicht zur Insolvenzabsicherung auch dann, wenn sie dem Reisenden Sicherheit in Übereinstimmung mit den Vorschriften ihres Herkunftsstaats gewährleisten können, da auch dort das jeweilige nationale Pauschalreiserecht auf Grundlage der Pauschalreiserichtlinie novelliert wurde. Treten jedoch ausländische Reiseveranstalter aus einem Nicht-EU-Staat in Deutschland auf, unterliegen sie der Pflicht zur Insolvenzabsicherung, vorausgesetzt, deutsches Recht findet Anwendung.


§ 651r BGB Insolvenzsicherung; Sicherungsschein

(1) Der Reiseveranstalter hat sicherzustellen, dass dem Reisenden der gezahlte Reisepreis erstattet wird, soweit im Fall der Zahlungsunfähigkeit des Reiseveranstalters 1. Reiseleistungen ausfallen oder 2. der Reisende im Hinblick auf erbrachte Reiseleistungen Zahlungsaufforderungen von Leistungserbringern nachkommt, deren Entgeltforderungen der Reiseveranstalter nicht erfüllt hat. Umfasst der Vertrag auch die Beförderung des Reisenden, hat der Reiseveranstalter zudem die vereinbarte Rückbeförderung und die Beherbergung bis zum Zeitpunkt der Rückbeförderung sicherzustellen. Der Zahlungsunfähigkeit stehen die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Reiseveranstalters und die Abweisung eines Eröffnungsantrags mangels Masse gleich.

(2)Die Verpflichtungen nach Absatz 1 kann der Reiseveranstalter nur erfüllen 1.durch eine Versicherung bei einem im Geltungsbereich dieses Gesetzes zum Geschäftsbetrieb befugten Versicherungsunternehmen oder 2.durch ein Zahlungsversprechen eines im Geltungsbereich dieses Gesetzes zum Geschäftsbetrieb befugten Kreditinstituts. Der Reiseveranstalter muss ohne Rücksicht auf den Wohnsitz des Reisenden, den Ort der Abreise und den Ort des Vertragsschlusses Sicherheit leisten.


Gegenstand der Sicherungspflicht des Reiseveranstalters ist die Erstattung des im Voraus geleisteten Reisepreises. Der Absicherer kann dem Kunden, der seine Pauschalreise bereits angetreten hat, die Fortsetzung der Reise anbieten, die der Reisende jedoch ablehnen und stattdessen die Erstattung des Preises verlangen darf.

Als Sicherungsmittel zulässig sind entweder die Versicherung bei einem Versicherungsunternehmen oder das Zahlungsversprechen eines Kreditinstituts. Der Veranstalter kann zwischen der  Versicherung und Kreditinstitut frei wählen. In der Praxis wird meist die Versicherung gewählt, die  einen Versicherungsvertrag zwischen dem Veranstalter und einem Versicherungsunternehmen voraussetzt. Es handelt sich um eine Versicherung für fremde Rechnung, bei der der Reisende als Versicherter einen unmittelbaren Erstattungsanspruch gegen den Versicherer mit der Aushändigung des Sicherungsscheins erwirbt.

Ein Kundengeldabsicherer darf seine Haftung für zu erstattende Beträge auf eine Summe von 110 Mio. Euro pro Geschäftsjahr begrenzen. Dies muss  im Sicherungsvertrag verankert sein und im  Sicherungsschein für den Reisenden ausgewiesen werden und gilt nicht bereits per Gesetz. Die Begrenzung gilt pro Kundengeldabsicherer, also für sämtliche bei dem jeweiligen Garanten abgesicherten Reisenden bezieht sich nur auf Erstattungsansprüche im Zusammenhang mit Pauschalreisen und nicht auf die Absicherung von Einzelleistungen.

Nach § 651t BGB darf der Reiseveranstalter Vorauszahlungen des Kunden auf den Reisepreis allein dann annehmen, wenn ein wirksamer Sicherungsvertrag mit einem Kundengeldabsicherer besteht (Nr. 1) und dem Reisenden Name und Kontaktdaten dieses Absicherers zur Verfügung gestellt wurden (Nr. 2).  Im Gegensatz zur ehemaligen Rechtslage setzt die Zulässigkeit der Vorauskasse nicht mehr die vorherigen Übergabe (deklaratorischen) Sicherungsscheins voraus.

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