Ein neues Urteil des EUGH ist EU weit für Leistungsträger und Leistungsempfänger aller Versteuerungsarten in der YACHT-BRANCHE wichtig.
Nach dem Unionsrecht entsteht das Recht auf Vorsteuerabzug gleichzeitig mit dem Anspruch auf die abziehbare Umsatzsteuer. Dies bestätigt der EuGH mit seinem jüngsten Urteil auch für den Fall, dass die Umsatzsteuer aufgrund der Ist-Versteuerung des Leistenden erst mit Vereinnahmung der Zahlung entsteht. Der Leistungsempfänger kann den Vorsteuerabzug dann erst im Zeitpunkt der Zahlung vornehmen. Dies gilt für alle Leistungsempfänger, unabhängig von einer Ist- oder Soll-Versteuerung. Insoweit sind das deutsche Gesetz und die derzeitige Auffassung der Finanzverwaltung unionsrechtswidrig (Rs. C-9/20 (Grundstücksgemeinschaft Kollaustraße 136, EuGH, Urt. v. 10.02.2022)
Der EuGH stellt eindeutig fest, dass der Vorsteuerabzug des Leistungsempfängers gemäß Art. 167 MwStSystRL dann entsteht, wenn der Anspruch auf die abziehbare Umsatzsteuer entsteht.
Dies ist im vorliegenden Fall aufgrund der Ist-Versteuerung des Leistenden der Zeitpunkt der Zahlung. Der EuGH betont, dass der Unionsgesetzgeber den Zeitpunkt der Entstehung des Vorsteuerabzugsrechts gerade an die – durch die Ist-Versteuerung veränderliche – Entstehung des Steueranspruchs geknüpft hat, nicht hingegen an die Leistungsausführung.
Nach Art. 167a MwStSystRL dürfte der nationale Gesetzgeber (im Fall der deutsche) vorsehen, dass Ist-Versteuerer (in der Rolle als Leistungsempfänger) ihr Vorsteuerabzugsrecht erst mit Zahlung ausüben können. Nur dann wäre der zeitliche Zusammenhang zwischen Vorsteuerabzug und Steueranspruch aufgehoben.
Das Urteil ist aber für alle Unternehmer von Bedeutung: Es betrifft nicht Ist-Versteuerer, sondern ihre Leistungsempfänger.
Die deutsche Finanzverwaltung knüpft das Vorsteuerabzugsrecht unternehmerfreundlich als Vorfinanzierungseffekt unabhängig von der Besteuerung des Leistenden an den Zeitpunkt des Leistungsbezugs. Wesentlich sind die Leistungsausführung und der Empfang der Rechnung. Auf die Zahlung kommt es (sofern keine Anzahlung vorliegt) nicht an. Soweit der Leistende Ist-Versteuerer ist, ist dies aber unionsrechtswidrig. Unionsrechtlich hat der Vorsteuerabzug mit Zahlung zu erfolgen.
Für Unternehmen der Yachtbranche in der EU ist dieses Urteil beachtenswert, denn es verlagert u. U. den Vorsteuerzeitpunkt für den Empfänger einer Leistung.
Wichtig für Ist-Versteuernde Leistende: Damit eine unionsrechtskonforme Auslegung oder Anpassung der bestehenden Regelungen praktisch anwendbar ist, braucht es zwingend eine Hinweispflicht auf die Ist-Versteuerung des Leistenden in den Rechnungen. Nur so wären Leistungsempfänger überhaupt in der Lage, den Leistenden als Ist-Versteuerer zu identizifieren und den zutreffenden Zeitpunkt für ihren Vorsteuerabzug zu bestimmen. Unternehmer müssten bei der Vornahme ihres Vorsteuerabzugs dann nach der Besteuerung des Leistenden differenzieren.