Nur ein abgeschwächter Hard-BREXIT – Folgen

Großbritannien hatte die EU bereits mit Ablauf des 31.01.2020 verlassen. Lediglich die zwischen den Parteien vereinbarte Übergangsphase bis 31.12.2020 verhinderte bisher, dass der Austritt des UK im Waren- und Personenverkehr des täglichen Lebens spürbar wurde. Das neue Abkommen ersetzt das bisherige Austrittsabkommen nicht. Vielmehr enthält es zahlreiche Regelungen für die Beziehungen der EU mit dem UK nach dem Austritt des UK aus der EU und dem Ende der Übergangsphase zum 31.12.2020. Es besteht aus drei Teilen: 1. Der wesentliche Teil des Abkommens ist sicherlich das Freihandelsabkommen. Es soll die künftigen wirtschaftlichen Beziehungen zwischen der EU und dem UK umfassend regeln. 2. Desweiteren enthält das Abkommen verbindliche Mechanismen zur Interessendurchsetzung und Streitbeilegung zwischen den Staaten. 3. Letzlich schafft das Abkommen einen neuen Rahmen für Strafverfolgung und justizielle Zusammenarbeit in Straf- und Zivilsachen.

Großbritannien verlässt Binnenmarkt und Zollunion. Auch mit der Minimum-Auffanglösungen steht Großbritannien nicht auf der Stufe zur EU wie z.B.  Norwegen oder die Schweiz.

Das Handels- und Kooperationsabkommen zwischen Brüssel und London verhindert lediglich die größten Komplikationen des britischen EU-Austritts  und regelt Fragen zum Handel, der Zusammenarbeit von Polizei und Justiz und dem Krankenversicherungsschutz Reisender bei Notfällen. Das Thema Außen- und Sicherheitspolitik wurde von den Verhandlungen ausgenommen.

Der Handel wird erschwert. Für Unternehmen auf beiden Seiten werden deutlich mehr Formalitäten zu erledigen sein. Für britische Waren fallen zwar auch künftig keine Zölle an, doch britische Exporteure in die EU müssen aufwendig nachweisen, dass ihre Produkte tatsächlich überwiegend im eigenen Land hergestellt wurden. Auch Nachweise für die Einhaltung der EU-Regeln zur Einhaltung von Produktstandards müssen künftig erbracht werden.

Der Zugang von Dienstleistungen zum EU-Markt, immerhin 80 Prozent der britischen Bruttowertschöpfung, werden mit dem Ende der Brexit-Übergangsphase am 31. Dezember erheblich schwerer.

Schwierige Themen waren vor allem Fragen zu den Wettbewerbsbedingungen. Brüssel wollte eine Senkung der britischen Standards bei Arbeitnehmerrechten und dem Umweltschutz verhindern, was schnell zu Wettbewerbsverzerrungen führen kann. Dies wird künftig im Einzelfall geprüft und die EU kann mit Zöllen reagieren, um ihren Markt zu schützen.

Vorkehrungen für eine enge Zusammenarbeit der britischen Polizei und Justiz mit denen der EU-Staaten wurden ebenfalls vereinbart. Auf bestimmte EU-Datenbanken haben die Briten künftig keinen Zugriff mehr. UK kann aber weiter auf die EU-Datenbank zur Fluggastdaten-Speicherung, auf Fahrzeugregisterdaten oder das EU-Strafregister zugreifen. Auch bei grenzüberschreitenden Gefahren für die Gesundheit und dem Austausch geheimer Informationen soll weiter zusammengearbeitet werden.

Umsatzsteuerliche Auswirkungen: Das neue Abkommen lässt das ursprünglich geschlossene Austrittsabkommen unberührt. Das UK ist und bleibt also auch nach Abschluss des neuen Abkommens aus Sicht der EU Drittland. Auch die übrigen Regelungen, die im Austrittsabkommen in Hinblick auf die Umsatzsteuer getroffen wurden, gelten weiterhin.  

Zollrechtliche Auswirkungen: Wie jedes Freihandelsabkommen schafft auch das zwischen EU und UK verhandelte Abkommen die Zollgrenzen zwischen den Vertragsparteien nicht ab. Es trifft lediglich Regelungen zum Waren- und Dienstleistungsverkehr zwischen der EU und dem UK. Das beinhaltet z. B. Regelungen zu den technischen Anforderungen und Standards für Waren und Dienstleistungen, Investitionen, Wettbewerb und Beihilfen. Die Notwendigkeit, Waren bei Grenzübertritt im zollrechtlichen Sinn abzufertigen, bleibt jedoch bestehen. Es sind also Einfuhr- und Ausfuhranmeldungen abzugeben. Außerdem wird der Warenverkehr an der Grenze kontrolliert. Wesentlicher Bestandteil des geschlossenen Freihandelsabkommens ist die Befreiung von Einfuhrzöllen für Waren, die die jeweiligen Ursprungsregeln erfüllen. Der Warenverkehr zwischen der EU und dem UK ist also nicht uneingeschränkt und bedingungslos zollbefreit. Eine Zollbefreiung kommt vielmehr nur für solche Waren in Betracht, die ihren präferenziellen Ursprung im jeweils anderen Gebiet haben. Das heißt, Waren mit präferenziellem Ursprung im UK können in die EU zollbefreit eingeführt werden und umgekehrt. Das Abkommen enthält zu diesem Zweck produktspezifische Regelungen zur Definition des Warenursprungs. Eine Berufung auf die Zollbefreiung für Ursprungsware des jeweils anderen Gebiets setzt einen entsprechenden Nachweis voraus. Aus diesem Grund enthält das Abkommen Regelungen zum Nachweis des Warenursprungs in Form der Ursprungserklärung und Regelungen zur Abgabe von Lieferantenerklärungen.  

Anforderungen an Unternehmen: Unternehmen, die künftig von den grundsätzlichen Zollbefreiungen auf Basis des Abkommens profitieren möchten, müssen sich daher genauer mit dem Präferenzrecht auseinandersetzen. Die Abgabe von Ursprungserklärungen und deren Nutzung zur Einfuhr ist aus zollrechtlicher Sicht nicht „ohne“. Unternehmen können nicht ohne Weiteres Ursprungserklärungen abgeben. Vielmehr sieht das Abkommen einen bestimmten Wortlaut dafür vor. Außerdem ist für die Abgabe einer Ursprungserklärung bei einem Gesamtwert der Sendung von über EUR 6.000 für EU-Unternehmen der Status als sog. Registrierter Ausführer (REX) erforderlich.

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Yachten aus England bleiben künftig zwar zollfrei, doch alleine das Thema Crew-Anstellung von UK Residents wird wegen der wegfallenden Dienstleistungsfreiheit zu Problem. In manchen EU-Staaten merken wir bereits die wegfallende direkte Anstellungsmöglichkeit.

Die Banken und Versicherungen sind aus der Dienstleistungsfreiheit raus, was gerade im Yachtbereich von hoher Relevanz ist.

Vor allem werden Verträge aller Art auf Basis englischen Rechts bei verantwortungsvoller Beratung für EU-Residents kaum mehr praktikabel sein.

Die Dienstleistungsfreiheit endet auch für EU Bürger, die gerne in UK arbeiteten. Wer künftig in Großbritannien arbeiten und leben will, muss ein Visum beantragen. Lediglich für kürzere touristische Reisen gibt es keine Visumspflicht. Problematisch wird die automatische Anerkennung von Berufsabschlüssen. Viele Berufsgruppen müssen ihre Qualifikation künftig nach den Regeln der einzelnen Länder, in denen sie arbeiten wollen, nachweisen. Hier gibt es doch teilweise gewaltige Level-Unterschiede.

Meinung:

  • Ich mag die Briten. Ich mag ihre sehr eigensinnige Mischung aus Tradition, sturer Unbeugsamkeit und Marktorientierung. Aber ich kritisiere auch ihre oft unbegründete Arroganz als immer noch vermeintlicher Nabel der Welt, gerade auch in Rechtsfragen. Das Empire von 1922 ist Vergangenheit. Die angeblich gewonnene Freiheit trügerisch. Sie sind ab sofort „Drittstaat“. Was gilt und was nicht gilt regelt das Recht. Und Common Law ist gerade nicht „mandatory“.
  • Ob sich die Sehnsucht der Briten auf ein erneutes goldenes Zeitalter bewahrheiten wird, darf bezweifelt werden. Es wird noch viele Überraschungen geben… in alle Richtungen.

Bedeutung für die Yacht-Industrie:

  1. Wer als EU-Resident (natürliche oder juristische Person) auch künftig eine UK-Flagge haben möchte, kann dies weiter tun. Dies beeinflusst nicht seinen Steuerstatus. Der Steuerstatus regelt sich danach, ob die Yacht am 01.01.2021, 0:00 Uhr versteuert im freien EU Verkehr ist bzw. nicht mehr als 3 Jahre aus der EU war und damit weiter als Unionsgut gilt.
  2. Wenn ein Boot zu diesem Zeitpunkt in UK liegt, gilt nach dem EU-Leitfaden „BREXIT: END OF TRANSITION PERIOD FAQs ON TAX AND CUSTOMS“ : „Ab dem 1. Januar 2021 verlieren Unionswaren im Zollgebiet des Vereinigten Königreichs ihren Unionsstatus und werden zu Waren des Vereinigten Königreichs.“ Insoweit wird das Boot zum Drittlandschiffs und damit Nicht-Unionsware und unterliegt den gleichen Zollkontrollen wie alle Drittlandswaren. Ist das Boot vorher allerdings Unionsgut gewesen und wird in die EU zurückgebracht wird, ist zu prüfen, ob es als „Rückware“ gilt, dann gilt es als weiter versteuert. Wennn nicht und wenn es dann einem Nicht-EU-Residenten gehört, kann es ggf. im vorübergehenden Import als Nicht-EU-Ware zur vorübergehenden Verwendung angemeldet für 18 Monate steuerfrei bleiben.
  3. Umgekehrt kann ein EU-Resident mit seiner Unions-Yacht vorübergehend in UK steuerfrei fahren, ohne dort MwSt. entrichten zu müssen.
  4. Schieriger wird es für Charter-Schiffe. Teilweise ist es nicht erlaubt, in Drittländern registrierte Yachten, in der EU zuverchartern, so derzeit Griechenland sowie in Spanien für kleinere Yachten. Generell aber kann eine in UK registrierte Charteryacht innerhalb der EU zum Chartern angeboten werden, wenn sie – unabhängig von ihrer Flaggen-Nationalität – als gewerblich betriebenes Schiff in den freien Verkehr der EU eingeführt wird. Dazu bedarf es auch einer EU-Mehrwertsteuerregistrierung des Charterunternehmens, dem das Schiff gehört bzw. der Agentur, die es verchartert. Einige EU-Länder erlauben auch die Vercharterung von Yachten, die sich in der „vorübergehenden Einfuhr“ in der Europäischen Union befinden. Wichtig ist am Ende, dass derjenige, der als Eigner oder Besitzer im Wege einer Überlassung das Boot anbietet, alle relevanten steuerlichen Anforderungen in der EU erfüllt.

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