Illegale „Fernversteuerung“ von Yachten in der EU – Warum das Boot auch wirklich dort sein muss, wo es versteuer/-zollt wird

Kaum zu glauben: Ein Mandant berichtet mir von Agenturangeboten zur “Fernversteuerung” von Yachten.

In der Praxis stoßen Eigner von gebrauchten Yachten immer wieder auf Online-Angebote zur „EU-Versteuerung“ ihrer Boote – häufig sogar ohne, dass das Boot physisch das betreffende Land betreten müsste. Insbesondere Anbieter aus den Niederlanden werben damit, die Mehrwertsteuer schnell und unkompliziert zu „pauschalisieren“, ohne dass das Schiff tatsächlich nach Holland überführt wird.

Doch Vorsicht: Eine solche Fernversteuerung ist nach geltendem EU-Recht nicht zulässig und kann zu erheblichen steuerrechtlichen Konsequenzen führen. Dieser Artikel beleuchtet die rechtlichen Grundlagen und erklärt, warum der Ort der Einfuhr in der EU nicht frei wählbar ist.

1. Einfuhrumsatzsteuer – Wo fällt sie an?

Gemäß der EU-Mehrwertsteuersystemrichtlinie (MwStSystRL, RL 2006/112/EG) unterliegt die Einfuhr von Gegenständen aus Drittländern (z.?B. der Türkei) der Mehrwertsteuerpflicht. Maßgeblich hierfür sind unter anderem:

  • Art. 2 Abs. 1 lit. d i.?V.?m. Art. 30 MwStSystRL
    ? Die „Einfuhr“ ist steuerbar, sobald ein Gegenstand in das Zollgebiet der Union gelangt und in den zollrechtlich freien Verkehr überführt wird.
  • Art. 60 MwStSystRL
    ? Der Ort der Einfuhr ist der Ort, an dem sich der Gegenstand zum Zeitpunkt der Einfuhr befindet.

Beispiel: Wird ein Boot aus der Türkei direkt nach Griechenland überführt und dort bei den Zollbehörden angemeldet, entsteht die Einfuhrumsatzsteuerpflicht in Griechenland – und nur dort.

2. Warum die Einfuhr in Holland ohne physische Verbringung unzulässig ist

Die Idee, eine Yacht formell in den Niederlanden zu versteuern – ohne dass das Boot je dorthin verbracht wird –, widerspricht zentralen Vorgaben der MwStSystRL. Denn:

  • Der Ort der Einfuhr bestimmt sich nicht nach Wunsch, sondern nach dem Ort der tatsächlichen physischen Verbringung in das Zollgebiet der EU (Art. 60 MwStSystRL).
  • Ein Boot, das in Griechenland anlandet, muss dort versteuert werden – nicht in einem beliebigen anderen Mitgliedstaat.

Rechtsprechung des EuGH

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat in ständiger Rechtsprechung – u.?a. im Urteil vom 16.12.2010, Rs. C-430/09 und C-431/09 („Euro Tyre BV“) – klargestellt, dass der Ort der Einfuhr tatsächlich und örtlich gebunden ist. Eine lediglich formale Deklaration in einem anderen Staat ist nicht zulässig.

3. Risiken eines solchen Konstrukts

Ein sogenannter „Fernimport“ – bei dem eine niederländische Firma die Mehrwertsteuerbescheinigung erstellt, ohne dass das Boot je die Niederlande erreicht – ist rechtlich nicht haltbar. Solche Angebote mögen auf den ersten Blick bequem erscheinen, bergen aber erhebliche Risiken:

  • Die Einfuhr gilt als nicht ordnungsgemäß erfolgt.
  • Die Zoll- und Steuerbehörden des tatsächlichen Einfuhrstaats (z.?B. Griechenland) können die Steuer nacherheben.
  • Es besteht die Gefahr von Strafzuschlägen, Bußgeldern oder Beschlagnahme bei Kontrollen in EU-Häfen.
  • Der vermeintlich „versteuerte“ Status der Yacht wäre im Falle eines Verkaufs oder bei Hafenbehörden nicht anerkennungsfähig.

4. Fazit und Empfehlung

Die EU will durch klare Regelungen verhindern, dass Privatpersonen oder Unternehmen sich „günstige“ Einfuhrstaaten frei aussuchen können – das sogenannte „Umsatzsteuer-Shopping“. Der Ort der Versteuerung ist eindeutig geregelt: dort, wo das Boot physisch in die EU eingeführt wird.

Wenn Ihre Yacht aus einem Drittstaat (z.?B. Türkei) nach Griechenland überführt wird, muss die Einfuhr dort erfolgen – und zwar inklusive der Zahlung der griechischen Einfuhrumsatzsteuer (24 %).

Ein Angebot zur „Online-Versteuerung“ in einem anderen Land – etwa durch niederländische Firmen ohne physische Bootsübernahme – verstößt gegen EU-Recht und ist nicht rechtswirksam. Auch eine „Versteuerungsgarantie“ dieser Anbieter schützt Sie nicht vor rechtlichen Konsequenzen.

Empfehlung

Verzollen und versteuern Sie Ihr Boot in dem EU-Staat, in dem Sie tatsächlich einlaufen. Alternativ wäre eine physische Verbringung in einen anderen Mitgliedstaat (z.?B. die Niederlande oder Zypern) denkbar – mit entsprechendem Aufwand und Nachweisen.


Sie benötigen rechtssichere Unterstützung bei der Einfuhr oder internationalen Yachtrechtsthemen? Kontaktieren Sie uns – wir beraten Sie fundiert und praxisnah.

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