Derzeit sind eine Fülle von Leistungen in Verzug oder gar unmöglich geworden. Yachten können nicht ausgeliefert werden, Bauten oder Refits stehen still, Lieferketten sind unterbrochen, Crews sind erkrankt bzw. in Quarantäne, Staaten, Marinas abgeriegelt.
Die Rechtsordnungen kennen keine einheitliche Regelung zum Umgang mit einer „Pandemie“ und deren Folgen im Hinblick auf die Störung von Leistungspflichten.
Das deutsche Recht z.B. – viele Vertragsverhältnisse im Yacht-Sektor fallen nicht darunter – kennt den Begriff der „höheren Gewalt „nicht explizit. Der Bundesgerichtshof hat die höhere Gewalt als
- ein von außen kommendes,
- keinen betrieblichen Zusammenhang aufweisendes,
- auch durch äußerste vernünftigerweise zu erwartender Sorgfalt
- nicht abwendbares Ereignis definiert.
„Unabwendbar“ bedeutet, dass mit das Leistungshindernis mit zumutbaren Maßnahmen nicht beseitigt werden kann.
Die Rechtsprechung entschied, dass unter den Begriff der „höheren Gewalt“ im Sinne des Reiserechts etwa Krieg, ein terroristischer Anschlag, massive gewalttätige Unruhen fallen. Auch Epidemien, da sie weder zum Betriebsrisiko des Reiseveranstalters, noch zum allgemeinen Lebensrisiko des Reisenden zählen.
Jemand, der eine Leistung schuldet, muss zunächst all ihm zumutbare Maßnahmen ergreifen, die eigene Lieferfähigkeit trotz der Auswirkungen des Virus aufrechtzuerhalten. Welche konkreten Maßnahmen im Rahmen des Zumutbaren liegen, hängt jedoch – letztlich erneut – vom jeweiligen Einzelfall ab und muss aus tatsächlicher und wirtschaftlicher Sicht geprüft werden. In keinem Fall kann ein Leistungsverpflichteter nunmehr Corona als Ursache für jedwede Leistungsverweigerung benutzen und sich damit „entschulden“. Zuvorderst hat er die Pflicht, den Leistungsgläubiger rechtzeitig über Probleme zu informieren und diese konkret darzulegen. Die gesetzliche Schließung einer Werft als Produktionsbetrieb in Italien bedarf z.B. keiner tieferen Betrachtung im Hinblick auf die (vorübergehende) Leistungsunmöglichkeit.
Entscheidend ist immer zu prüfen, welches Recht Anwendung findet und inwieweit der Gesetzgeber konkrete Regelungen zu Leistungspflichten unter „höherer Gewalt“ vorgesehen hat. Das anzuwendende Recht kann sich aufgrund einer Rechtswahlklausel aus dem Vertrag selbst ergeben. Ansonsten muss das internationale Privatrecht herangezogen werden. Soweit der Gesetzgeber keine Regelung vorgesehen hat, wird dann geprüft, ob die Parteien Klauseln zu höherer Gewalt im Vertrag selbst oder in Allgemeinen Geschäfts-bedingungen vorgesehen haben und ob diese rechtswirksam sind. Für das deutsche Recht muss für die Auslegung von „Force Majeure“-Fällen auf die allgemeinen Grundsätze des BGB zurückgegriffen werden . Anders sieht es insbesondere im UN-Kaufrecht aus. Gemäß Art. 79 Abs. 1 CISG hat eine Vertragspartei für die Nichterfüllung einer ihrer Pflichten nicht einzustehen, wenn sie beweist, dass die Nichterfüllung auf einem außerhalb ihres Einflussbereichs liegenden Hinderungsgrund beruht und dass von ihr vernünftigerweise nicht erwartet werden konnte, den Hinderungsgrund bei Vertragsabschluss in Betracht zu ziehen oder den Hinderungsgrund oder seine Folgen zu vermeiden oder zu überwinden.
Im Deutschen Recht z.B.
werden Lieferanten sich auf vorübergehende Unmöglichkeit berufen: § 275 BGB suspensiert die Leistungspflichten vorübergehend. Allgemein kann man sagen, dass als Folge der Gläubiger seine Leistung verweigern und nach einer ggf. erforderlichen Fristsetzung vom Vertrag zurücktreten darf. Zudem kommen bei Verschulden grundsätzlich Schadensersatzansprüche in Betracht. Die Abnehmer werden dagegen keine (vorübergehende) Unmöglichkeit annehmen wollen. Wenn keine (vorübergehende) Unmöglichkeit vorliegt, muss der Schuldner seine fällige, durchsetzbare Leistung grundsätzlich erbringen, liefert er trotz Mahnung oder bei Entbehrlichkeit der Mahnung nicht rechtzeitig, kommen zunächst Verzug und darauf folgend Schadensersatzansprüche in Betracht wenn der Warenlieferant die Leistungsverzögerung zu vertreten hat. Ob dies der Fall ist oder eine Verteidigung gegen unberechtigte Schadensersatzansprüche Aussicht auf Erfolgt hat, ist eine Frage des Einzelfalls.
Objektive Unmöglichkeit liegt vor, wenn eine Leistung schlichtweg für jedermann nicht erbringbar ist. Subjektive Unmöglichkeit ist gegeben, wenn dieses Leistungshindernis nur den Schuldner betrifft. Von besonderer Bedeutung in Bezug auf das Corona-Virus ist aber der Unterfall der rechtlichen Unmöglichkeit z.B. durch behördliche Verbote.
Evtl. kommt ein Wegfall der Geschäftsgrundlage in Betracht, wozu geprüft werden muss, inwiefern die Corona-Pandemie zu einer Störung der Geschäftsgrundlage eines Liefer- oder sonstigen Vertrags führt. Die Folge ist eine Vertragsanpassung durch die Parteien, also Neu-Verhandlung des Vertrages und seiner „zumutbaren“ Handhabung, notfalls auf dem Rechtswege.
Vertragliche Regelungen oder solche in AGBs können aber auch die gesetzliche Regelungen ergänzen, ändern, abbedingen oder ihnen vorgehen. Dies ist einzelfallabhängig. In vielen Verträgen fehlt eine sog. Force Majeure Klausel zur höheren Gewalt. Wenn die Klausel aber im Vertrag vorhanden ist, geht sie allen Regelungen vor.
Leistungspflichten der Parteien suspendiert werden und etwaige Schadensersatzansprüche ausgeschlossen sind. Darüber hinaus können auch weitreichende Kündigungs- und Rücktrittsrechte vereinbart worden sein.
In Neuverträgen regeln: Force Majeure Klausel
Für Neuverträge empfiehlt sich spezielle „Force-Majeure-Klauseln“ aufzunehmen, die ausdrücklich pandemische Ereignisse als „höhere Gewalt“ regeln. Wicht dabei ist das Vorliegen einer Pandemie von objektiven Kriterien abhängig zu machen. Dies könnte etwa die Einstufung der jeweiligen Krankheit als Pandemie durch Bezugnahme auf das vom Robert-Koch-Institut festgelegte Gefahrenniveau oder eine Einschätzung der Weltgesundheitsorganisation WHO oder nationale gesetzliche Regelungen oder Reisewarnungen sein.
Dringender Rat: Keine Musterklauseln einfach übernehmnen
Spezialthema: Charter-Recht
Die Fragen nach dem Bestand, den Rechten und Pflichten im Zusammenhang mit gebuchten Charterverträgen nehmen zu, sind aber pauschal ohne Einzelfallprüfung nicht zu beantworten. Es kommt auch hier, wie oben dargelegt, zunächst auf das zugrunde liegende geltende Recht an. Zu unterscheiden ist, ob eine Bareboat-Charter vorliegt oder eine Full-Service-Charter. Darüberhinaus sind die Verträge und allgemeinen Geschäftsbedingungen zu prüfen, vor allem zu klären inwieweit diese rechtlich haltbar sind.
Charterverträge nach EU/Deutschem Recht
Regelmäßig ist es kein Verschulden des Vercharterers, dass die Yacht -rechtlich- nicht genutzt werden kann. Diese ist ja tatsächlich in der jeweiligen Marina/Station verfügbar. Somit ist seitens des Charter-Anbieters die Zurverfügungstellung des Bootes an sich nicht unmöglich. Unmöglich ist aber die Erfüllung/Wahrnehmung der Leistung, meist auf beiden Seiten. Keine Reisemöglichkeit, meist dürfen die Boote auch nicht aus der Marina fahren.
Faustregeln:
- Liegt die Corona-bedingte Reise-Störung darin, dass die Yacht in einem Quarantäne-Gebiet liegt oder gar nicht ausfahren darf, auch wenn sie an sich bereit dazu wäre, gilt: Der Charteranbieter kann die Yacht aus ordnungsrechtlichen Gründen nicht zur Verfügung stellen und muss somit die Zahlungen an den Kunden erstatten.
- Der Kunde darf nicht reisen oder ist unter Quarantäne, die Yacht könnte aber ausfahren und genutzt werden: Keine Unmöglichkeit beim Leistungsanbieter. Kunde haftet; ob er versicherungsrechtlich geschützt ist, ist zu prüfen.
Charterverträge nach englischem Recht:
- Wer ein MYBA Vertragsmuster gezeichnet hat, möge einmal in die Klauseln 9 und 18 schauen. M.E. ist die aktuelle Lage so eindeutig, dass ein Vercharterer keine großen Hürden hat, den Force Majeure-Fall zu beweisen, zumal er auch regelmässig keine Alternativen hätte die Auswirkungen der Pandemie auf die Charter zu vermeiden oder zu mildern.
- Der Chartergast muss, um aus dem Vertrag zu kommen, belegen, dass seine Erfüllung des Chartervertrages unmöglich ist. Ganz abgesehen davon, dass derzeit zu den meisten Charterbooten gar nicht gereist werden kann, wäre darauf eine Charter mit Schutzanzügen und Mundschutz ebenso unentspannt, wie ein Abstandhalten auf einem Boot, das gemeinsam zu manövrieren ist sich als unmöglich darstellt. Zudem führt das gemäß Artikel 9 der Verordnung „Rom 1“ über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (EG 593/2008) ggf. anzuwendene Recht des Übergabeortes schnell zur Unmöglichkeit, z.B. wenn die Marina geschlossen ist. In jedem Falle sind die aktuellen Umstände sicher radikal anders als die, die vorn den Parteien bei Vertragsschluß angenommen wurden.
Momentan liest man auch von Anwälten schnell im Internet angebotene Klausel-Muster. Ich rate dringend davon ab solche Muster einfach „copy paste“ zu übernehmen. Zum einen kommt es auf das anwendbare Recht an, unter dem ein Leistungsverhältnis steht oder stehen soll und nachdem eine Force-Majeure Regelung passend und gültig gestaltet werden muss und zum anderen müssen die Umstände des konkreten Einzelfall-Leistungsverhältnisses rechtssicher erfasst sein.