Ich werde oft mit der Frage konfrontiert, warum so wenige Superyachten private wie im kommerziellen Einsatz – deutsche Flagge fahren,
Nun, das hängt sicher zunächst damit zusammen, dass die wenigsten deutsche Gewässer je sehen und auch bei deutschen Eignern im Mittelmeer oder Übersee betrieben werden. Und gerade deswegen stellt sich für Eigner die Frage, welchen rechtlichen Restriktionen sie die Yacht unterwerfen und ob diese sich mit dem geplanten Einsatz vereinbaren.
Unter Deutscher Flagge gilt generell deutsches Recht, damit auch dt. Arbeitsrecht und Sozialversicherungsrecht.
An Bord deutschflaggiger Yachten gilt grundsätzlich deutsches Seearbeitsrecht.
Auf Grundlage des § 21 Absatz 4 des Flaggenrechtsgesetzes können für ausländische Nicht-EU-Seeleute deren Heimatheuern sowie die Geltung ausländischen Arbeits- und Tarifvertragsrechts vereinbart werden. Die Vereinbarung ausländischen Rechts hat aber zwingende Grenzen: Der Mindeststandard des Seearbeitsübereinkommens darf in keinem Fall unterschritten werden. Es darf nicht gegen deutsche Grundrechte und die ordre public (= öffentliche Ordnung) verstoßen werden, einem rechtlichen „Notausgang“ über den die Anwendung ausländischen Rechts abgewehrt wird, wenn es zu nicht hinnehmbaren Ergebnissen führt. An dessen Stelle tritt ein – je nach Einzelfall unterschiedlich zu bestimmendes – Ersatzrecht, auf dessen Grundlage das Gericht zu einem tragbaren Ergebnis gelangt. Ordre-public-Klauseln finden sich in EU-Verordnungen (etwa Art. 21 Rom I-VO, Art. 26 Rom II-VO, Art. 12 Rom III-VO, Art. 35 EuErbVO), in Staatsverträgen (etwa Art. 22 KSÜ) und im nationalen Recht (Art. 6). Ausländisches Recht darf nicht für solche Rechtsbereiche vereinbart werden, an denen ein besonderes öffentliches Interesse besteht (sogenannte Eingriffsnormen). Deutsches Recht gilt daher zwingend unter anderem für folgende Bereiche:
– Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall
– Unterbringung und Verpflegung
– Medizinische und soziale Betreuung
– Technischer Arbeitsschutz, Unfallverhütung
– Höchstarbeits- und Mindestruhezeit
– Heimschaffung
– Frauen- und Jugendschutz
– Kündigungsschutzrechte für Bordvertretung
– Ordnung an Bord.
Seeleute auf Schiffen unter deutscher Flagge müssen mindestens eine Ruhezeit von 10 Stunden in jedem 24-Stunden-Zeitraum und 77 Stunden in jedem 7-Tages-Zeitraum einhalten.
Gerade auf rein privat genutzte Superyachten entsprechen diese Anforderungen wenig dem in der Hochsaison dort üblichen Arbeitsleben.
Superyachten folgen den Jahreszeiten. Das ist „Maloche“ und Verfügbarkeit fast rund um die Uhr, schnelles Hire und Fire. Wer sich wehrt bekommt nie mehr einen Job. Eigner und ihre Gäste wollen wie Könige behandelt werden und der Service-Stress ist gewaltig. Alles muss funktionieren, jederzeit. Kompensiert wird der Stress meist mit guten Trinkgeldern. Dennoch: Hier gibt es Flaggenstaaten, die arbeitsrechtlich mehr Spielräume lassen un die dann im Rahmen des Betriebskonzeptes gewählt werden.
Anders ist es – theoretisch – bei kommerziellen Yacht, also vor allem solchen im Chartereinsatz. Hier gilt – unabhängig von Flaggenstaatarbeitsrecht – das Seearbeitsübereinkommen MLC, das
umfassende Rechte und Schutz bei der Arbeit für Seeleute.
Das MLC bildet zusammen mit SOLAS, STCW und MARPOL die vierte Säule der internationalen maritimen Regulierung. Die MLC wird oft als „Seafarers Bill of Rights“ bezeichnet und definiert die Anforderungen und Bedingungen für die Beschäftigung von Seeleuten auf kommerziellen Yachten. Die Konvention besteht aus fünf Titeln:
Mindestanforderungen für Seeleute, auf einem Schiff zu arbeiten, Beschäftigungsbedingungen, Unterkunft, Freizeiteinrichtungen, Essen und Verpflegung, Gesundheitsschutz, medizinische Versorgung, Sozialfürsorge und Sozialschutz sowie Einhaltung und Durchsetzung. Das MLC trat am 20. August 2013 in Kraft. Das Seearbeitsübereinkommen gilt für Schiffe, die normalerweise im Handel tätig sind (kommerzielle Yachten), die unter der Flagge eines Landes betrieben werden, das das Seearbeitsübereinkommen ratifiziert hat, oder wenn das Schiff in den Gewässern eines Landes operiert, das das Seearbeitsübereinkommen ratifiziert hat.
Pleasure Yachts unterliegen nicht der MLC, es sei denn, sie entscheiden sich freiwillig für die Einhaltung der Konvention.