Yacht-Arrest ohne Eigentümerhaftung?

Zur Unzulässigkeit des Schiffsarrests bei fehlender Eigentümerstellung des Schuldners – Analyse des kroatischen Supreme Court (Rev-837/2023-2)


Zusammen mit unseren Kollegen LAW FIRM KACIC & BRBORA von Zagreb konnte wir gerade einen 4 Jahre dauernden Fall vor dem höchsten Gericht Kroatiens erfolgreich für unsere Klienten entscheiden.

1. Einleitung und Relevanz des Falls

Der maritimrechtlich hochbrisante Fall Westa Investments ./. HND Charter International Ltd. wirft zentrale Fragen zur Reichweite des Schiffsarrests im internationalen Yachtrecht auf – insbesondere dann, wenn der in Anspruch genommene Charterer nicht Eigentümer der arrestierten Yacht ist.

Der Fall wurde letztinstanzlich durch den Obersten Gerichtshof der Republik Kroatien (Vrhovni sud RH) entschieden und bildet einen markanten Präzedenzfall zur Auslegung des kroatischen Pomorski Zakonik (Maritime Code) im Lichte der Brüsseler Arrestkonvention von 1952.


2. Sachverhalt

  • Charterkonflikt: Die polnische Firma Westa Investments hatte die Yacht SPIRIT OF THE SEA über zwei Charterverträge (10.–23. Juli 2021) gechartert und rund EUR 53.325,23 im Voraus bezahlt.
  • Bereits am Tag des Charterbeginns wurde die Gästegruppe vom Kapitän wegen angeblich „alkoholisierten Verhaltens“ von Bord verwiesen – was die Charterer entschieden bestritten.
  • Infolge der Vertragskündigung durch den Eigner verlangte die Charterfirma Rückzahlung der Vorauszahlungen sowie Schadensersatz.
  • Zur Sicherung dieser Forderung beantragte Westa Investments beim Handelsgericht Split den Arrest der Yacht nach Art. 951–954 Pomorski Zakonik i.V.m. Art. 344 Ovršni zakon.
  • Der Arrest wurde zunächst am 23.07.2021 bewilligt, dann nach Sicherheitsleistung wieder aufgehoben.
  • Es folgte eine Berufung durch HND Charter, die letztlich zur Aufhebung der Arrestanordnung durch den High Commercial Court führte.
  • Die dagegen gerichtete Revision von Westa wurde durch den Supreme Court mit Entscheidung vom 15.07.2025 zurückgewiesen.

3. Die zentrale Rechtsfrage

Die höchstrichterliche Revisionszulassung erfolgte wegen der strittigen Frage:

„Kann eine Yacht auch dann arrestiert werden, wenn sie nicht im Eigentum des persönlichen Schuldners steht?“


4. Entscheidung des Obersten Gerichtshofs

4.1. Kernaussagen des Gerichts (Rev-837/2023-2)

  • Der Schiffsarrest zur Sicherung einer Geldforderung ist nur zulässig, wenn die Yacht im Zeitpunkt der Antragstellung im Eigentum des persönlichen Schuldners steht (Art. 954 Abs. 1 Pomorski Zakonik).
  • Eine Ausnahme besteht nur bei:
    • Maritimen Privilegien nach Art. 243 Pomorski Zakonik
    • Oder wenn der Schuldner selbst Charterer oder Reeder ist, was hier jedoch nicht nachgewiesen war.
  • Die Brüsseler Arrestkonvention von 1952 findet zwar in Kroatien Anwendung, lässt jedoch ebenfalls keinen Arrest zu, wenn keine Haftung des aktuellen Eigners besteht.
  • Die Yacht gehörte nicht HND Charter, sondern einer dritten Gesellschaft – nachgewiesen durch die Drittintervention von HDN Fünfte Tourist GmbH.

5. Rechtsdogmatische Analyse

5.1. Verhältnis zwischen materiellem Anspruch und Arrestobjekt

Der Fall zeigt deutlich die Trennung zwischen:

  • Persönlichem Schuldner (Haftungsträger)
  • Und dem Sicherungsobjekt (arrestiertes Schiff)

Ein Arrest kann nur dann das richtige Sicherungsmittel sein, wenn das zu arrestierende Schiff dem Schuldner gehört, gegen den sich der Hauptanspruch richtet.

5.2. Bedeutung maritimer Privilegien

Nur bei Vorliegen eines gesetzlichen maritimen Pfandrechts („privilegij“) nach Art. 243 PZ kann eine Haftung „am Schiff“ auch ohne Eigentümereigenschaft des persönlichen Schuldners durchgesetzt werden. Im vorliegenden Fall lag ein solcher privilegierter Anspruch nicht vor.


6. Internationaler Kontext: Brüsseler Arrestkonvention 1952

  • Art. 3 Abs. 1: Arrest nur gegen den Schuldnereigner zulässig
  • Art. 3 Abs. 4: Arrest gegen gechartertes Schiff nur möglich, wenn Charterer selbst haftet
  • Art. 6 Abs. 2: Die nationalen Vorschriften des Forumsstaats sind bei prozessualen Fragen maßgeblich

📌 Konsequenz: Auch die Konvention schützt Dritte vor Arresten auf nicht belastbarem Eigentum – sie begründet keine weitergehenden Rechte gegenüber nationalem Recht.


7. Lessons Learned – Handlungsempfehlungen für die Praxis

Für Gläubiger (z.?B. Charterkunden):

  • Vor Antrag auf Yacht-Arrest muss geprüft werden:
    • Wer ist persönlich haftbar?
    • Wem gehört die Yacht tatsächlich (Schiffsregister, Flaggenstaat)?
    • Besteht ein maritimes Privileg?
  • Andernfalls droht bei erfolglosem Arrestantrag:
    • Ablehnung oder Aufhebung
    • Schadensersatzpflicht wegen unrechtmäßigen Arrests (bereits anhängig im Fall Westa: EUR 35.365,35)

Für Yacht-Eigner:

  • Absicherung gegen Arrestansprüche durch:
    • Trennung von Charterbetrieb und Eigentum (strukturierte Eignergesellschaften)
    • Hinterlegung von LOU (Letter of Undertaking) zur raschen Freigabe
    • Frühzeitige Drittintervention bei Arrestverfahren

Für Anwälte & Versicherer:

  • Due Diligence bei Arrestanträgen
  • Nachweisbare Differenzierung zwischen Charterer und Eigner
  • P&I-Versicherung mit ausreichendem Cover für Drittinterventionen dringend empfohlen

Quellen-Score-Tabelle

Nr.QuelleDatum / StandScoreKurzbewertung
1Supreme Court Decision Rev-837/2023-215.07.2025hochEndgültige höchstrichterliche Entscheidung zur Unzulässigkeit des Arrests
2Pomorski Zakonik (HR Maritime Code)kons. Fassung 2024hochZentrale nationale Normengrundlage, präzise und restriktiv ausgelegt
3Brüsseler Arrestkonvention 1952ratifiziert durch HR (31/91)hochInternationaler Rahmen; Abwehr von Arresten gegen Dritte bestätigt
4Berufungsentscheidung High Commercial Court10.11.2021hochRichtungsweisend für nationale Praxis; bestätigt durch Supreme Court
5Drittintervention HDN Fünfte Tourist GmbH2021mittelNachweislich effektives Mittel zur Eigentümerverteidigung

Schlussbemerkung

Der Fall SPIRIT OF THE SEA zeigt exemplarisch: Der Schiffsarrest ist ein scharfes Schwert – aber kein Selbstbedienungsrecht. Ohne Eigentümerhaftung bleibt die Maßnahme unzulässig.

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