Steuerliche Behandlung der Bootsvercharterung im Rahmen der Kleinunternehmerregelung und der Überführung in das Privatvermögen

Ein Mandant stelle eine interessante Frage:

„Wenn ich als Kleinunternehmer ein Boot zum Verchartern erwerbe, es dann aber alsbald ins Privatvermögen überführe, spare ich mir dann die Umsatzsteuer?“ Die Idee war, die Kleinunternehmerregelung als Vehikel zu nutzen, das Boot steuerfrei zu erwerben.

Wäre das der Weg zum „Golden Deal“?

Die Vercharterung eines Bootes kann eine Einkommensquelle sein, bringt jedoch erhebliche steuerliche Herausforderungen mit sich.
Insbesondere Unternehmer, die die Kleinunternehmerregelung nach § 19 UStG in Anspruch nehmen, müssen sorgfältig abwägen, ob sie die steuerlichen Vorteile dieser Regelung weiterhin nutzen können, wenn größere Investitionen wie der Kauf eines Boots getätigt werden. Außerdem stellt sich die Frage, wie der Erwerb und die Nutzung eines Boots steuerlich behandelt werden und welche Konsequenzen eine Überführung des Boots in das Privatvermögen hat.

Schauen wir uns im Weiteren die steuerlichen Aspekte der Bootsvercharterung unter der Kleinunternehmerregelung, die Möglichkeit des Vorsteuerabzugs, die Vorsteuerberichtigung nach § 15a UStG und die umsatzsteuerlichen Folgen der Überführung eines Boots ins Privatvermögen einmal genauer an. Zudem erläutere ich die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Gewinnerzielungsabsicht bei der Bootsvercharterung.


I. Die Kleinunternehmerregelung und Bootsvercharterung

Die Kleinunternehmerregelung nach § 19 UStG befreit Unternehmer von der Pflicht, Umsatzsteuer auf ihre Leistungen zu erheben, wenn bestimmte Umsatzgrenzen eingehalten werden. Der Jahresumsatz darf im Vorjahr nicht höher als 22.000 € und im laufenden Jahr voraussichtlich nicht mehr als 50.000 € betragen. Werden diese Grenzen eingehalten, bleibt der Unternehmer von der Umsatzsteuerpflicht befreit, verliert jedoch auch das Recht auf Vorsteuerabzug.

  1. Keine Vorsteuerabzugsberechtigung
    Da Kleinunternehmer keinen Vorsteuerabzug geltend machen dürfen, bleibt die beim Kauf des Boots gezahlte Umsatzsteuer (19 % des Kaufpreises) eine Kostenbelastung. Für hochpreisige Anschaffungen wie ein Boot kann dies erhebliche finanzielle Auswirkungen haben.
    Beispiel: Ein Unternehmer kauft ein Boot für 100.000 € netto und zahlt zusätzlich 19.000 € Umsatzsteuer. Da er Kleinunternehmer ist, kann er diese Vorsteuer nicht abziehen, sodass seine effektiven Anschaffungskosten 119.000 € betragen.
  2. Möglicher Verzicht auf die Kleinunternehmerregelung
    Ein Kleinunternehmer kann auf die Anwendung der Kleinunternehmerregelung verzichten und zur Regelbesteuerung optieren, um den Vorsteuerabzug geltend zu machen. Dies kann bei großen Investitionen wie dem Kauf eines Boots sinnvoll sein, insbesondere wenn hohe Vorsteuerbeträge auf den Kaufpreis und die laufenden Betriebskosten anfallen.
    Allerdings muss der Unternehmer dann auf alle Vercharterungseinnahmen Umsatzsteuer erheben und diese an das Finanzamt abführen. Der Verzicht auf die Kleinunternehmerregelung ist an eine Frist von fünf Jahren gebunden und kann nicht kurzfristig rückgängig gemacht werden.

II. Vorsteuerabzug und die Notwendigkeit der Gewinnerzielungsabsicht

Ein zentraler Aspekt bei der steuerlichen Behandlung der Bootsvercharterung ist die Gewinnerzielungsabsicht des Unternehmers. Der Vorsteuerabzug ist nur dann möglich, wenn das Boot für eine unternehmerische Tätigkeit genutzt wird, die der Umsatzsteuer unterliegt und langfristig auf Gewinnerzielung abzielt.

  1. Keine Gewinnerzielungsabsicht – Kein Vorsteuerabzug
    Wenn keine positive Ertragsprognose vorliegt, d.h. wenn das Boot nicht langfristig zu einem Gewinn führen kann, kann der Vorsteuerabzug verweigert werden. Das Finanzamt prüft, ob der Unternehmer die Tätigkeit nachhaltig zur Gewinnerzielung betreibt oder ob es sich um eine Liebhaberei handelt.
    Entscheidend ist, ob die Nutzung des Boots darauf abzielt, über die gesamte Laufzeit einen Totalgewinn zu erzielen. Wenn das Finanzamt keine Gewinnerzielungsabsicht erkennt, wird das Boot als nicht-unternehmerisches Wirtschaftsgut betrachtet, und der Vorsteuerabzug ist ausgeschlossen.
  2. BFH-Rechtsprechung zur Gewinnerzielungsabsicht
    Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in mehreren Urteilen klargestellt, dass bei einer Tätigkeit wie der Bootsvercharterung, die anfangs Verluste verursacht, dennoch eine nachhaltige Gewinnerzielungsabsicht vorliegen kann. In der Entscheidung vom 19. Dezember 2002 (III R 61/99) stellte der BFH fest, dass die ersten Jahre der Vercharterung durch hohe Investitionskosten und Anlaufverluste gekennzeichnet sein können, solange eine Vollkostenrechnung über den gesamten Nutzungszeitraum des Boots eine Gewinnperspektive aufzeigt.

III. Vorsteuerberichtigung nach § 15a UStG

Die Vorsteuerberichtigung nach § 15a UStG ist ein Mechanismus, der die ursprünglich geltend gemachte Vorsteuer bei einer Änderung der Nutzung eines Wirtschaftsguts anpasst. Bei einem Boot, das zunächst unternehmerisch genutzt und dann in das Privatvermögen überführt wird, muss eine anteilige Vorsteuerkorrektur vorgenommen werden, wenn der Berichtigungszeitraum noch nicht abgelaufen ist.

  1. Berichtigungszeitraum
    Der Berichtigungszeitraum für bewegliche Wirtschaftsgüter wie ein Boot beträgt 5 Jahre. Erfolgt die Überführung in das Privatvermögen innerhalb dieses Zeitraums, muss der Vorsteuerabzug anteilig rückgängig gemacht werden, basierend auf der verbleibenden Nutzungsdauer.
    Beispiel: Ein Unternehmer überführt sein Boot zwei Jahre nach dem Erwerb ins Privatvermögen. Der Berichtigungszeitraum beträgt 5 Jahre, daher muss er für die verbleibenden 3 Jahre eine anteilige Vorsteuerberichtigung vornehmen.
  2. Keine Berichtigung bei Ablauf des Berichtigungszeitraums
    Wird das Boot nach Ablauf des 5-jährigen Berichtigungszeitraums in das Privatvermögen überführt, entfällt die Notwendigkeit einer Vorsteuerberichtigung, da die gesamte Vorsteuer auf die unternehmerische Nutzung während des Berichtigungszeitraums entfällt.

IV. Umsatzsteuerliche Behandlung der Überführung ins Privatvermögen

Die Überführung eines Boots aus dem Betriebsvermögen ins Privatvermögen ist umsatzsteuerlich als unentgeltliche Lieferung nach § 3 Abs. 1b UStG zu betrachten, sofern beim Erwerb Vorsteuerabzug in Anspruch genommen wurde. In diesem Fall muss der Unternehmer Umsatzsteuer auf den Entnahmewert des Boots abführen.

  1. Bemessungsgrundlage der Entnahme
    Die Umsatzsteuer wird auf den aktuellen Marktwert des Boots zum Zeitpunkt der Überführung ins Privatvermögen berechnet. Dieser Wert entspricht dem Betrag, den das Boot bei einem Verkauf erzielen würde.
    Beispiel: Ein Boot, dessen aktueller Marktwert 70.000 € beträgt, wird ins Privatvermögen überführt. Bei einem Umsatzsteuersatz von 19 % sind 13.300 € Umsatzsteuer auf diesen Entnahmewert abzuführen.
  2. Keine Umsatzsteuer bei Kleinunternehmern
    Wenn der Unternehmer die Kleinunternehmerregelung in Anspruch nimmt, fällt auf die Entnahme des Boots keine Umsatzsteuer an, da er beim Kauf keine Vorsteuer geltend gemacht hat und seine Leistungen nicht der Umsatzsteuer unterliegen. Die Überführung ins Privatvermögen ist in diesem Fall umsatzsteuerlich neutral.

V. Rechtsprechung des BFH zur Gewinnerzielungsabsicht bei Bootsvercharterung

Die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Gewinnerzielungsabsicht bei der Bootsvercharterung ist zentral, um festzustellen, ob Verluste steuerlich anerkannt werden und ob der Vorsteuerabzug möglich ist. Der BFH betont, dass Verluste in den ersten Jahren durch hohe Anschaffungskosten und Betriebskosten entstehen können, ohne dass sofort eine Gewinnerzielungsabsicht ausgeschlossen wird.

  1. Nachhaltigkeit und betriebswirtschaftliches Handeln
    Der BFH prüft, ob der Unternehmer eine nachhaltige Vermietung des Boots betreibt und ob eine betriebswirtschaftlich vernünftige Planung vorliegt, die eine langfristige Gewinnerzielung ermöglicht. Entscheidend ist, ob über den gesamten Nutzungszeitraum des Boots ein Totalgewinn zu erwarten ist.
  2. Ernsthafte Vermietungsabsicht
    Eine regelmäßige Vermietung des Boots ist ebenfalls entscheidend. Das Boot darf nicht vorrangig für private Zwecke genutzt werden, sondern muss ernsthaft zur Erzielung von Einkünften eingesetzt werden. Wenn das Finanzamt keine Gewinnerzielungsabsicht erkennt, werden Verluste nicht anerkannt, und der Vorsteuerabzug ist ausgeschlossen.
  3. Die 5-Jahresfrist der Kleinunternehmerregelung schützt nicht, wenn keine Gewinnerzielungsabsicht vorliegt. Unabhängig von der Kleinunternehmerregelung bleibt die Gewinnerzielungsabsicht ein zentrales Kriterium im Steuerrecht, um unternehmerische Tätigkeiten steuerlich zu berücksichtigen. Hier einige wichtige Aspekte:
  4. Gewinnerzielungsabsicht als Voraussetzung für den Vorsteuerabzug: Der Vorsteuerabzug ist nur möglich, wenn das Boot für eine unternehmerische Tätigkeit genutzt wird, die darauf abzielt, auf Dauer einen Totalgewinn zu erzielen. Fehlt diese Gewinnerzielungsabsicht, stuft das Finanzamt die Tätigkeit als Liebhaberei ein. Bei Liebhaberei werden sowohl Vorsteuerabzüge als auch Verluste nicht steuerlich anerkannt.
    In der BFH-Entscheidung vom 19. Dezember 2002 (III R 61/99) wurde verdeutlicht, dass eine Vollkostenrechnung (inklusive Anschaffungskosten, Abschreibungen und Betriebskosten) über einen längeren Zeitraum erforderlich ist, um die Gewinnerzielungsabsicht nachzuweisen. Verluste in den ersten drei Jahren können steuerlich anerkannt werden, wenn der Unternehmer glaubhaft machen kann, dass über die Dauer der Vercharterung ein Totalgewinn erzielt wird.
    Die Vermietungsintensität spielt dabei ebenfalls eine Rolle. Es muss erkennbar sein, dass das Boot regelmäßig und ernsthaft zur Gewinnerzielung vermietet wird und nicht vorrangig dem privaten Vergnügen des Unternehmers dient. Nur so werden Verluste steuerlich anerkannt.
    Auch wenn die Kleinunternehmerregelung eine Erleichterung hinsichtlich der Umsatzsteuer bietet, indem sie die Pflicht zur Erhebung und Abführung der Umsatzsteuer entfallen lässt, betrifft sie nur die Umsatzsteuer und nicht die Einkommensteuerliche Bewertung der unternehmerischen Tätigkeit. Bei fehlender Gewinnerzielungsabsicht kann der Unternehmer weder die Verluste steuerlich geltend machen noch einen Vorsteuerabzug durchführen, unabhängig davon, ob die Kleinunternehmerregelung greift.
  5. 5-Jahres-Frist und die Kleinunternehmerregelung
    Die 5-Jahres-Frist in der Kleinunternehmerregelung bezieht sich darauf, dass Unternehmer, die einmal auf die Kleinunternehmerregelung verzichtet haben, mindestens 5 Jahre gebunden sind, bevor sie wieder zur Regelung zurückkehren können. Diese Frist betrifft jedoch nur die Umsatzsteuer, nicht aber die Frage der Gewinnerzielungsabsicht und deren Auswirkungen auf die Einkommensteuer oder den Vorsteuerabzug.
  6. Gewinnerzielungsabsicht und steuerliche Anerkennung
    Wenn das Finanzamt keine Gewinnerzielungsabsicht erkennt, wird die unternehmerische Tätigkeit nicht anerkannt, unabhängig von der gewählten Umsatzbesteuerungsform. Das bedeutet:
    • Keine steuerliche Anerkennung von Verlusten (Verluste aus der Bootsvercharterung können nicht mit anderen Einkünften verrechnet werden).
    • Kein Vorsteuerabzug auf laufende Kosten oder Anschaffungskosten (bei Regelbesteuerung).

Fazit:
Die steuerliche Behandlung der Bootsvercharterung und die Überführung eines Boots in das Privatvermögen sind komplexe Vorgänge, die gründlich geplant werden müssen. Die Kleinunternehmerregelung bietet zunächst eine vereinfachte steuerliche Behandlung, kann jedoch unvorteilhaft sein, wenn größere Investitionen wie der Erwerb eines Boots getätigt werden, da kein Vorsteuerabzug möglich ist.
Selbst wenn ein Unternehmer unter die Kleinunternehmerregelung fällt, wird er nicht von der Pflicht befreit, eine Gewinnerzielungsabsicht nachzuweisen, um steuerliche Vorteile wie Vorsteuerabzug oder Verlustverrechnung zu erhalten. Die Kleinunternehmerregelung ist in erster Linie eine umsatzsteuerliche Erleichterung, die Gewinnerzielungsabsicht bleibt aber eine wesentliche Voraussetzung für die Einkommensteuer und die Vorsteuer.

ERGEBNIS:

Ein Boot ist meist eine Investition, die bei realistischer Gewinnerzielungsabsicht und Amortisation unter Vollkosten innert 3 Jahren die Kleinunternehmerregelung übersteigt. Das ist damit KEIN Geschäftsmodell, um die Umsatzsteuer bei der Überführung ins Privatvermögen zu umgehen!

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