MYBA Charter Vertrag: Vorleistungspflicht des Eigners

Immer wieder werden die MYBA Templates gezeichnet ohne dass sich der Eigner/Vercharterer einer kaufmännisch-rechtlichen Eigenart bewusst ist:

Kernmechanismus des MYBA-Modells (Clause 20)

Nach der vertraglichen Struktur:

  • Der Charterpreis wird nicht direkt an den Eigner gezahlt.
  • Er wird stattdessen auf ein Konto des Stakeholders (häufig Broker) überwiesen.
  • Die Auszahlung an den Eigner erfolgt erst nach Abschluss der Charter, sofern keine Beschwerde des Charterers innerhalb von 24 Stunden erfolgt.
  • Bei einer Beschwerde wird die Auszahlung 14 Tage blockiert, ggf. bis zur gerichtlichen oder schiedsgerichtlichen Entscheidung.

Folge für den Eigner:

  • Er trägt alle Kosten im Voraus:
    • Yachtbetrieb (Versicherung, Wartung, Liegeplatz)
    • Crew-Gehälter
    • Provisionierung
  • Der Chartergast kann die Auszahlung verzögern oder verhindern, auch bei subjektivem Unzufriedenheitsgefühl, ohne objektivierten Maßstab.

Juristische Einordnung

🔸 1. Einseitige Vorleistungspflicht

Nach allgemeinen Grundsätzen (§ 320 BGB / art. 1219 frz. code civil / § 1052 ABGB) besteht bei gegenseitigen Verträgen ein Zurückbehaltungsrecht bis zur Leistung der Gegenpartei.
Der MYBA-Vertrag verlagert einseitig das Erfüllungsrisiko auf den Eigner, was rechtlich untypisch und risikobehaftet ist.

🔸 2. Fehlende Abschlagszahlung / objektive Abnahme

Es gibt keine Regelung zu:

  • Abschlagszahlungen nach Teilleistung
  • Objektiver Abnahme durch sachverständige Partei
  • automatischer Freigabe bei ausbleibender Beschwerdebegründung

Dies widerspricht auch modernen Treuhandgrundsätzen und ist nicht verbraucherneutral, da der Eigner nur zahlen muss, ohne jede garantierte Gegenleistung.

🔸 3. Stakeholder = Broker ? Interessenkonflikt

  • Der Broker agiert als Stakeholder, hat aber Provisionserwartung und ggf. Kundenbindung auf Seiten des Charterers.
  • Damit ist Unabhängigkeit zweifelhaft.
  • Treuhandprinzipien (z.?B. § 667 BGB, fiduciary duties) sind gefährdet.

Risiken für den Eigner

RisikoartFolge
ZahlungsausfallGast blockiert Auszahlung durch formale Reklamation
LiquiditätsrisikoEigner finanziert gesamten Charterbetrieb vor
RechtsunsicherheitKeine klaren Kriterien für „zufriedenstellende“ Durchführung
Verzögerung durch Schlichtung/ArbitrageWochen- oder monatelange Zurückhaltung der Hauptzahlung

Beispielhaft mögliche Änderungen oder Sicherungsmechanismen ohne Obligo

Vertragliche Ergänzungen / Special Conditions:

  1. Abschlagszahlung vor Charterbeginn: „50% of the Charter Fee (net of commission) shall be irrevocably released upon commercial invoicing to the Owner no later than 48 hours prior to embarkation.“
  2. Objektivierung der Reklamationen: „Retention of funds by the Stakeholder due to complaint requires written substantiation and supporting evidence within 48 hours after Charter end.“
  3. Independenter Stakeholder: „If the Broker is acting as Stakeholder, the Owner has the right to nominate an independent escrow agent or fiduciary account.”
  4. Neutraler Schiedsrichter bei Konflikt: „If a complaint is lodged, the remaining Charter Fee shall be held in escrow pending a review by an independent maritime surveyor or arbitrator jointly nominated.”

Fazit

Der MYBA-Mechanismus zur Zahlungsfreigabe ist aus Sicht des Eigners:

  • strukturell unausgewogen
  • wirtschaftlich risikobehaftet
  • rechtlich angreifbar, insbesondere bei subjektiven, unbegründeten Beanstandungen

Ein professioneller Eigner sollte sich daher nicht allein auf den Standardvertrag verlassen, sondern diesen durch Sicherheitsklauseln oder einen erweiterten Zahlungsplan mit Zwischenausschüttungen absichern.

Wir gestalten je nach Einzelfall für unsere Klienten passende Anpassungen und Überarbeitungen des Vertragsmusters.


ie Zahlung über das Broker- oder Stakeholderkonto erfüllt nicht automatisch die Voraussetzungen für eine ordnungsgemäße Umsatzsteuerrechnung (§?14 UStG / EU-Richtlinie 2006/112/EG).
Der Vercharterer als Leistungserbringer muss selbst eine formelle Rechnung stellen – mit ausgewiesener VAT, sofern keine Steuerbefreiung greift.


Umsatzsteuerliche Pflichten beim kommerziellen Yachtcharter

Steuerlicher Leistungserbringer = Eigner / Betreiber

  • Der kommerzielle Yachteigner oder Operator ist der tatsächliche Leistungserbringer im umsatzsteuerlichen Sinne.
  • Er muss eine Rechnung mit ordnungsgemäßem Ausweis der Umsatzsteuer (VAT) an den Charterer stellen – auch wenn die Zahlung über einen Broker erfolgt.

Der Broker / Stakeholder ist kein steuerlicher Zahlungsempfänger

  • Der Broker ist i.d.R. kein Unternehmer im Sinne des UStG, sondern handelt als Zahlungsvermittler / Treuhänder.
  • Die Zahlung auf ein Brokerkonto ist lediglich valutarelevant, aber nicht rechnungsbegründend.

Folge: Der Vercharterer muss in jedem Fall eine eigene formelle Rechnung mit:

  • vollständiger Anschrift Charterer,
  • Leistungszeitraum,
  • Leistungstext (z.?B. „Yachtcharter MYBA 2025“),
  • Brutto/Netto-Betrag,
  • gültigem Steuersatz und Steuerbetrag,
  • USt-IdNr. des Leistenden
    ausstellen.

Ort der Leistung – komplexe Rechtslage (EU-Mehrwertsteuerrecht)

  • Ort der Leistung richtet sich nach Art. 56 Abs. 1 lit. a) MwStRL: „Bei kurzfristiger Vermietung eines Beförderungsmittels gilt der Ort, an dem das Fahrzeug dem Kunden tatsächlich zur Verfügung gestellt wird.“
  • Je nach Ort der Übergabe, Flagge, B2B/B2C und Fahrtverlauf gelten unterschiedliche Regelungen:
    • z.?B. italienische oder französische VAT, ggf. mit „effective use and enjoyment“-Regel
    • Sonderregeln bei EU-/Nicht-EU-Grenzverkehr (z.?B. Malta, Monaco, Kroatien)

Keine automatische Steuerfreistellung durch Charter an Ausländer

  • Auch bei einem nicht-europäischen Charterer (z.?B. USA, UAE) kann Umsatzsteuer fällig werden, wenn die Yacht in EU-Gewässern genutzt wird.

Konsequenz: Ergänzungspflicht im Vertrag

Im MYBA-Vertrag ist dieser Aspekt nur rudimentär erwähnt (VAT Provision), aber nicht vollständig operationalisiert und bedarf in einem Addendum professionelle Ergänzungsklauseln.

  • Der Eigner sollte die Rechnung immer direkt an den Charterer oder dessen Firma adressieren, ggf. mit Vermerk: „Payment received via Broker [Name], acting as stakeholder under MYBA contract.“
  • Bei Unsicherheiten hinsichtlich des Steuerorts: Sprechen Sie uns an, wir beraten Sie gerne.

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