Force Majeure Regelung – aber bitte richtig!

Die aktuelle Krise lehrt uns, in Vertragsverhandlungen und Vertragsgestaltungen auch Regelungen über außergewöhnliche Ereignisse aufzunehmen. Gerade dem Civil Law unterliegende Rechtsordnungen kennen gesetzlich keine Regelungen, die der Problematik, wie sie die letzten Wochen gezeigt haben angemessen und Interessen gerecht Herr werden.

Wer in bestehenden Verträgen entsprechende Regelungen aufgenommen hat, muss nun im Konfliktfalle prüfen, ob diese den konkreten Einzelfall wirklich abdecken, mit welchen Voraussetzungen und vor allem Rechtsfolgen. Wer künftig Verträge schließt, sollte den hier behandelten Aspekt intensiv bedenken.

Ob eine Befreiung von höherer Gewalt möglich ist oder nicht, hängt im Wesentlichen von der Auslegung der entsprechenden Formulierungen im Vertrag und dem geltenden Recht ab.

Woran gilt es zu denken?

Eine „Klausel über höhere Gewalt“ wird im Vertrag dazu verwendet festlegen, wer unter welchen Umständen und Bedingungenberechtigt ist, die Erfüllung von Verpflichtungen auszusetzen und/oder eine Verlängerung der Erfüllungsfrist nach einem bestimmten Ereignis oder bestimmten Ereignissen zu fordern oder den Vertrag zu kündigen.

  • Ist eine Pandemie/Epidemie ausdrücklich als Ereignis „höherer Gewalt“ im Vertrag geregelt? Wenn nicht, ist das Ereignis von einer Art, die sich unter das, was man den allgemeinen Begriff der „höheren Gewalt“ subsumieren könnte? Liegt ggf. eine Verwaltungsmaßnahme vor, die die Leistung be- oder verhindert?
  • Werden bestimmte Ereignisse oder Zustände fix als „höhere Gewalt“ festgelegt und definiert?
  • Können / dürfen sich alle Parteien auf höhere Gewalt berufen oder nur eine oder bestimmte?
  • Sind Ereignisse geregelt, die vernünftigerweise hätten verhindert, vermieden oder überwunden werden können. Die Begriffe „vernünftigerweise“ und „vorhersehbar“ müssen dabei objektiv verstanden werden.
  • Muss die Partei, die sich auf höhere Gewalt berufen will, nachweisen, dass das Ereignis der höheren Gewalt sie an der Erfüllung des Vertrages gehindert oder behindert hat bzw. dass notwendige Ressourcen nicht zumutbar als Ersatz hätten beschafft werden können. Gibt es hierbei eine Wirtschaftlichkeitsgrenze, weil gerade bei Engpässen die Preise für knappe Güter oder Dienstleistungen steigen und eine Ersatzbeschaffung nicht wirtschaftlich zumutbar ist.
  • Wie muss die Partei, die sich auf die Abhilfe in Fällen höherer Gewalt beruft, nachweisen, dass sie angemessene und zumutbar-verhältnismäßige Schritte unternommen hat, um die Auswirkungen des Ereignisses höherer Gewalt abzumildern/zu vermeiden.
  • Gibt es kodifizierte Bestimmungen, die höhere Gewalt und die Abhilfe in wirtschaftlichen Notlagen definieren?
  • Wann muss die Partei, die sich auf höherer Gewalt beruft, davon wie und wem Mitteilung machen?

Eine „Klausel über höhere Gewalt“ wird im Vertrag dazu verwendet festzulegen, wer unter welchen Umständen und Bedingungen berechtigt ist, die Erfüllung von Verpflichtungen auszusetzen und/oder eine Verlängerung der Erfüllungsfrist nach einem bestimmten Ereignis oder bestimmten Ereignissen zu fordern oder den Vertrag zu kündigen.

Mögliche Folgen:

  • Entlastung von der Leistung (Vermeidung des Risikos einer Vertragskündigung)
  • Suspension der Leistungen für die Dauer der Hinderungsgründe gem. Force Majeure mit
  • Prolongation der Zieltermine und Fristen, Zahlungsaufschub
  • Übernahme von Kosten, die sich aus einer Verzögerung aufgrund höherer Gewalt ergeben, auf jeder Parteiseite ohne Entschädigung (Ausnahmen zugelassen)
  • Recht der Kündigung für längere Zeiträume höherer Gewalt für eine oder mehrere Parteien. Alternativ immer Verhandlung und Konsensfindung verankern, aber frühzeitig und nicht erst kurz vor Ablauf der Frist.
  • Regelungen dynamisch und flexibel offenhalten, denn Entscheidungen oder Maßnahmen, die von Regierungen und Behörden als Reaktion auf das Virus treffen, können schnell und zu Regelungen, Verwaltungsakten oder Gesetzen führen, die so nicht vorhersehbar waren – im In- und Ausland.
  • Endgültige Beendigung von vertraglichen Beziehungen, wenn die Erfüllung unmöglich wird. Da „pacta sunt servanda“ vorgeht, muss die Messlatte dafür sehr hoch sein und muss den modus operandi des Ausstiegs für alle Seiten festlegen, auch bzgl. der Kosten während eines „on hold“ davor.

Hinweis: Dies ist weder eine allgemein gültige Checkliste, noch ein Vorgabemuster, sondern lediglich eine Anregung, über dieses Thema nachzudenken. Am Ende entscheidet, wie ich immer wieder betonen, der Einzelfall und die dafür gut gemachte individuelle Lösung nach vorheriger Analyse und Klärung der Interessenlagen. Einfach ein Muster aus dem Internet abschreiben, kann für den Laien schnell zum Schuss nach hinten werden. Lassen Sie den Profi ran!

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