In der Yachtbranche häufen sich seit einiger Zeit Berichte, wonach Schweizer Staatsbürger oder Eigner von Yachten mit San-Marino-Flagge zunehmend Schwierigkeiten haben, Versicherungsschutz von EU-Gesellschaften zu erhalten. Oft wird dabei entweder gar keine oder nur eine pauschale Begründung genannt. Die Konsequenzen für betroffene Eigner können dramatisch sein – besonders, wenn eine Police überraschend gekündigt wird, während das Schiff sich bereits auf hoher See befindet.
Regulatorische Klippen für Nicht-EU-Staaten
1. Grenzüberschreitender Versicherungsvertrieb
Schweiz und San Marino sind keine EU-Mitgliedstaaten. Das führt zu rechtlichen Hürden bei der Risikoplatzierung in EU-Ländern. Versicherer benötigen spezielle Lizenzen oder müssen gewisse Voraussetzungen erfüllen, wenn sie Personen oder Unternehmen versichern, die ihren Sitz außerhalb der EU haben. Fehlende oder unklare Regelungen, insbesondere zu Gerichtsstand und anwendbarem Recht, können dazu führen, dass viele Versicherer lieber ablehnen, als sich rechtlichen Unsicherheiten auszusetzen.
2. IDD und steigende Compliance-Anforderungen
Mit der Insurance Distribution Directive (IDD) hat die EU den Vertrieb von Versicherungen deutlich strenger reguliert. Vermittler und Versicherer müssen umfangreichere Beratungs- und Dokumentationspflichten erfüllen. Wer Kunden außerhalb der EU bedient, muss teils zusätzliche Nachweise erbringen und strenge Vorgaben einhalten. Viele Anbieter ziehen sich daher aus Märkten zurück, in denen sie sich nicht sicher fühlen oder keine ausreichenden Erfahrungen haben.
Anti-Geldwäsche, KYC und Sanktionslisten
Die Vorgaben zur Geldwäscheprävention (AML) und zur Identifizierung der Kunden (KYC) haben sich in den vergangenen Jahren stetig verschärft – sowohl in der EU als auch in der Schweiz. Für große Yachten, teilweise in Millionenwerten, müssen Versicherer immer genauer prüfen, ob Geldströme sauber sind und keine sanktionierten Personen hinter dem Versicherungsnehmer stehen.
Gerade San Marino, aber auch andere kleinere Flaggenstaaten, stehen oft im Verdacht, Offshore-Standorte zu sein. Das kann das Risikogefühl der Versicherer erhöhen – selbst wenn die Yacht-Registrierung dort vollkommen legitim ist. Die Folge: Pauschale Ablehnungen oder rigide Bedingungen, um Reputations- und Compliance-Risiken zu umgehen.
Wirtschaftliche und geopolitische Faktoren
1. Rückversicherer machen Druck
Große Schäden, beispielsweise durch Unwetter oder Kollisionen, können bei Luxusyachten sehr schnell in hohe Summen gehen. Viele Versicherer geben Teile dieser Risiken an Rückversicherer ab. Ziehen sich Rückversicherer aus bestimmten Regionen oder Flaggenregistern zurück oder verlangen höhere Prämien, müssen Erstversicherer ebenfalls absagen oder teurere Konditionen ansetzen.
2. Steigende Schadenzahlen und Kosten
Allgemein ist der Kostendruck im Bereich hochwertiger Yachtversicherungen gestiegen. Nicht nur Reparaturen können sehr teuer sein, sondern auch mögliche Haftpflichtansprüche, etwa bei Umwelt- oder Gewässerschäden. Das führt zu einer Konzentration auf Kernmärkte und etablierte Flaggen, bei denen die Versicherer das Risiko besser kalkulieren können.
Interne Richtlinien und mangelnde Transparenz
Neben gesetzlichen Vorgaben haben Versicherer auch interne Underwriting-Guidelines, die bisweilen strenger sind als die Vorschriften selbst. Diese Richtlinien können Flaggenlisten oder Kundenkriterien enthalten, die nicht offiziell kommuniziert werden. Folglich erhalten Makler und Versicherungsnehmer oft nur vage Absagen wie „Dieses Risiko passt nicht in unser Portfolio.“
Diese knappen Erklärungen führen zu Verunsicherung. Besonders problematisch wird es, wenn eine bereits bestehende Deckung plötzlich gekündigt wird – zum Beispiel wegen einer kurzfristigen Anpassung der eigenen Zeichnungspolitik. Im schlimmsten Fall kann das den Eigner im wahrsten Sinne des Wortes ins „Versicherungs-Abseits“ manövrieren.
Brisanz einer kurzfristigen Kündigung – insbesondere auf hoher See
Dass eine Ablehnung des Versicherungsschutzes beim Kauf einer Yacht für Verdruss sorgt, ist nachvollziehbar. Doch noch heikler wird die Lage, wenn eine bereits bestehende Police vom Versicherer oder dem vermittelnden Broker „ad hoc“ gekündigt wird, während sich das Schiff auf See befindet:
- Fehlende Deckung bei Schadensfall
Kommt es bei einer unversicherten Yacht während einer Überfahrt zu einem Schaden, kann das den Eigner existenziell treffen. Ohne Versicherungsschutz drohen hohe Reparatur- und Bergungskosten, sowie potenzielle Umwelt- und Haftungsrisiken. - Vertragsrechtliche Unsicherheit
Die meisten Versicherungsverträge beinhalten zwar Kündigungsfristen, doch manchmal können laut Bedingungen weitere Gründe (z. B. Risikoverschärfung) eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen, dennoch aber nie zu Unzeit. Eigner sollten daher unbedingt auf Transparenz und klare Kommunikation pochen, um nicht plötzlich „deckungslos“ dazustehen. - Schwierigkeiten bei der Neuplatzierung
Hat ein Versicherer einmal gekündigt, kann das bei der Suche nach einem neuen Anbieter zu erhöhtem Misstrauen führen. Andere Gesellschaften werten eine Kündigung seitens des Vorversicherers oft als „Warnsignal“, selbst wenn die Gründe eigentlich in internen Richtlinien des Versicherers liegen.
Ausblick und Handlungsempfehlungen
- Spezialisierte Makler einschalten
Wer eine Yacht im gehobenen Preissegment versichern möchte, sollte sich an Makler mit internationaler Erfahrung wenden. Solche Experten kennen die Besonderheiten bei Flaggenregisters, wissen, welche Versicherer in der Schweiz und San Marino aktiv sind, und pflegen enge Kontakte zu Nischenanbietern. - Frühzeitige Klärung von Compliance-Themen
Um Ablehnungen zu vermeiden, sollten künftige Versicherungsnehmer alle nötigen Nachweise (KYC, AML, Eigentümerstruktur, Herkunft des Kapitals) möglichst lückenlos bereitstellen. So lassen sich Zweifel an der Seriosität des Geschäfts von vornherein reduzieren. - Präzise Vertragsgestaltung
Wer bereits eine Yachtversicherung abgeschlossen hat, sollte die Vertragsklauseln genau prüfen. Besonders wichtig sind außerordentliche Kündigungsrechte und mögliche Haftungsfragen, wenn der Versicherer sich vorzeitig zurückzieht. - Langfristige Perspektive wählen
Angesichts der sich verschärfenden Regularien ist kurzfristig keine Beruhigung des Marktes zu erwarten. Wer eine Nischen-Flagge oder komplexe Offshore-Strukturen nutzt, muss sich auf mehr Bürokratie, höhere Prämien und potenzielle Ablehnungen einstellen. Langfristige Strategien, wie etwa der Wechsel zu einem etablierten Register oder die transparente Offenlegung aller Eigentumsverhältnisse, können helfen, die Chancen auf einen stabilen Versicherungsschutz zu erhöhen.
Fazit
Die zunehmende Ablehnung von Yachtversicherungen für Schweizer Eigner oder unter San-Marino-Flagge durch EU-Versicherer ist kein Zufall, sondern Ergebnis mehrerer Faktoren: strengere regulatorische Vorgaben, erhöhtes Augenmerk auf Geldwäsche und Sanktionsvorschriften, eine wachsende Vorsicht der Rückversicherer und interne Zeichnungspolitiken. Für betroffene Yachtbesitzer kann das erhebliche Risiken mit sich bringen – vor allem, wenn eine bereits bestehende Police unerwartet gekündigt wird, während sich das Schiff noch auf See befindet. Eine enge Zusammenarbeit mit Spezialisten und eine frühzeitige, umfassende Compliance-Dokumentation sind derzeit die besten Ansätze, um dennoch an verlässlichen und bezahlbaren Versicherungsschutz zu gelangen.