„Goodbye London?“ – Warum Superreiche Großbritannien verlassen und was wirklich dahintersteckt

Der Exodus der non-doms: Realität oder mediale Übertreibung?

Großbritannien galt über Jahrzehnte als magnetischer Anziehungspunkt für Hochvermögende weltweit – nicht nur wegen seines Finanzplatzes London, sondern vor allem wegen seines steuerlichen Sonderstatus für sogenannte „non-domiciled residents“ (non-doms). Dieses Privileg ermöglichte es vermögenden Zuzüglern, große Teile ihres Auslandseinkommens nahezu steuerfrei zu halten – sofern sie es nicht nach UK transferierten.

Doch mit dem Frühjahrshaushalt 2024 hat die britische Regierung einen Paradigmenwechsel eingeläutet: Der non-dom-Status wird abgeschafft, das Erbschaftsteuerrecht deutlich verschärft und ein residenzbasiertes System eingeführt. Seitdem mehren sich Berichte über einen „Exodus der Superreichen“.

Was steckt rechtlich hinter dieser Entwicklung? Und welche Konsequenzen ergeben sich für Yacht-Eigner, internationale Unternehmer und Family Offices?


Die wichtigsten Änderungen im Überblick

Zum 6. April 2025 trat ein neues Steuerregime in Kraft, das insbesondere folgende Punkte umfasst:

1. Abschaffung des non-dom-Status

Personen mit non-dom-Status verlieren die Möglichkeit, Auslandseinkünfte und Kapitalgewinne steuerfrei zu halten, sofern sie diese nicht remittieren. Das neue Regime unterscheidet nicht mehr nach „domicile“, sondern knüpft rein an die steuerliche Residenz an.

2. Einführung des „Foreign Income and Gains (FIG) Regime“

Neuansiedler, die in den letzten 10 Jahren nicht in UK steueransässig waren, können für vier Jahre nach Zuzug ihre ausländischen Einkünfte steuerfrei behalten – auch bei Transfer nach UK.

3. Ausweitung der Erbschaftsteuerpflicht (Inheritance Tax, IHT)

Langzeitansässige unterliegen künftig mit ihrem weltweiten Vermögen der britischen Erbschaftsteuer – auch nach Wegzug, wenn bestimmte Aufenthaltsdauern überschritten wurden.

4. Veränderte Trust-Regelungen

Bestehende und neue Trusts werden schärfer besteuert, insbesondere bei Zuwendungen an Begünstigte oder bei „look-through“-Konstellationen.


Rechtliche Bewertung: Die entscheidenden Hebel und Risiken

1. Steuerliche Ansässigkeit wird zur Schlüsselfrage

Die Besteuerung knüpft künftig an den Wohnsitz (residence) an – nicht mehr an das Domicile-Konzept, das bisher über Jahrzehnte Spielräume bot. Der sogenannte Statutory Residence Test (SRT) bestimmt exakt, wann jemand in UK als steuerlich ansässig gilt.
Wichtig: Auch bei Wegzug kann eine „Split-Year-Treatment“ greifen – mit potenziell weitreichenden steuerlichen Folgen.

2. Wegfall zentraler Steuerprivilegien

Die bisherigen non-dom-Vorteile waren für viele Familien Grundlage komplexer Vermögensstrukturen – etwa über ausländische Trusts, Holdinggesellschaften oder Investmentvehikel. Diese Privilegien entfallen weitgehend. Die Folge: weltweite Einkünfte und Vermögenswerte geraten in die britische Steuerpflicht.

3. Erbschaftsteuer auch nach Wegzug

Wer lange genug in UK gelebt hat (mind. 15 von 20 Jahren), kann auch nach dem Wegzug für sein weltweites Vermögen der britischen IHT unterfallen – eine massiv unterschätzte Regelung mit hohem Risikopotenzial.


Mythos Millionärsexodus: Was die Zahlen wirklich sagen

Trotz medialer Zuspitzung (z.?B. The Times, WELT, FT) ist der tatsächliche Abwanderungstrend bisher moderat. Zwar ziehen Einzelpersonen oder Familien gezielt nach Monaco, Italien, Dubai oder in karibische Jurisdiktionen – aber ein massiver Exodus ist nicht belegbar.

Studien (z.?B. Tax Justice Network, Deloitte) zeigen vielmehr:

  • Die Zahl der non-doms sinkt, aber das Steueraufkommen aus dieser Gruppe steigt.
  • Viele Reiche strukturieren intern um, anstatt das Land zu verlassen.
  • Für Yacht- und Familienvermögen ist ein Wegzug nicht trivial – wegen globaler Bindungen, Holding-Strukturen und DBA-Vorgaben.

Strategische Optionen: Was Vermögende jetzt prüfen sollten

Wegzugsplanung (Timing, Aufenthaltsdokumentation, DBA-Nutzung)

Ein geplanter Wegzug muss juristisch präzise orchestriert werden – mit klarer Abgrenzung zu UK-Bindungen, ggf. Split-Year-Behandlung und Nutzung von Doppelbesteuerungsabkommen (DBA).

Strukturprüfung von Trusts und Holdings

Bestehende Vehikel sollten rechtzeitig geprüft und ggf. umstrukturiert werden, insbesondere hinsichtlich Ausschüttungen, „deemed domiciled“-Risiken und steuerlicher Transparenzpflichten.

Erbschaftsteuer-Prophylaxe

Das neue IHT-Regime verlangt frühzeitige Planung – etwa durch Vorabübertragungen, Geschenke außerhalb der 7-Jahresfrist, oder durch gezielte Vermögensverlagerung in DBA-Staaten mit günstiger Besteuerung.

Nutzen des 4-Jahres-Privilegs für Neuankömmlinge

Wer nicht in den letzten 10 Jahren steuerlich ansässig war, kann in UK steuerlich günstig neu starten – sofern die Einkommensströme und die Vermögensstruktur entsprechend vorbereitet sind.


Relevanz für die Yachting-Community

Für Superyacht-Eigner und internationale Eignerstrukturen ist die Verknüpfung von Steuerrecht und Mobilität essenziell:

  • UK-Zugangshäfen, Managementfirmen oder Crew Contracts können steuerlich unbeabsichtigte UK-Anknüpfungen erzeugen.
  • Vertrauensstrukturen (Trusts) mit Sitz in UK oder UK-Begünstigten sind künftig besonders im Fokus.
  • Verbringungen von Yacht-Vermögen nach UK (z.?B. Verkauf, Transfer) unterliegen ggf. künftig der FIG- oder IHT-Besteuerung.

Fazit: Goodbye London – aber wohin?

Der Rückbau der non-dom-Vorteile ist ein deutliches Signal: Großbritannien positioniert sich steuerlich neu – und nicht mehr als Paradies für steueroptimierte Vermögensstrukturen.

Doch wer gut strukturiert ist, kann auch unter dem neuen Regime agieren – oder rechtzeitig den Absprung wagen, bevor sich die Tür zu Gestaltungsspielräumen endgültig schließt.

Die strategischen Fragen lauten daher nicht nur: „Gehen oder bleiben?“, sondern vor allem:
„Wie gestalten wir globales Vermögen künftig resilient, mobil – und compliant?“


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