Auf der boot 2025 in Düsseldorf wurde kaum verkauft: Die Wahrheit hinter der Marketingfassade

Die boot in Düsseldorf gilt seit Jahrzehnten als eine der weltweit größten und bedeutendsten Messen für Wassersport, Yachten und maritimen Lifestyle. Jahr für Jahr pilgern Tausende von Besuchern in die Hallen, um von Einsteiger-Schlauchbooten bis hin zu Luxus-Superyachten alles zu bestaunen, was der Markt hergibt. Doch trotz aller Hochglanzauftritte, medialer Inszenierungen und florierender Branchenzahlen in der Vergangenheit wurde auf der boot 2025 offenbar nur wenig verkauft. Dabei geht es vor allem um die Preisebereiche unter 2 Mio. €. Viele Besucher und Aussteller sprechen hinter vorgehaltener Hand von einem „auffälligen Missverhältnis“ zwischen dem öffentlichen Marketing-Optimismus und der tatsächlichen Kauflaune.

Doch wie kommt es dazu, dass auf der vermeintlichen Leitmesse der Branche nur wenige Kaufabschlüsse zustande kamen? Und warum widersprechen viele Insiderberichte dem positiven, offiziellen Messefazit? Ein Blick hinter die Kulissen:


1. Geändertes Kaufverhalten und wirtschaftliche Unsicherheiten

Inflation und Konsumzurückhaltung

In den vergangenen Jahren haben steigende Lebenshaltungskosten, hohe Inflation und wirtschaftliche Unsicherheiten in Europa und anderen Teilen der Welt das Konsumverhalten beeinflusst. Größere Anschaffungen werden häufiger verschoben oder ganz gestrichen. Boote – insbesondere im mittleren und oberen Preissegment – zählen zu den Luxusinvestitionen, die zuletzt deutlich weniger Nachfrageschüben unterlagen.

Vorsicht bei Finanzierung

Gerade bei teureren Yachten oder Segelbooten spielt die Finanzierung eine große Rolle. Banken vergeben angesichts schwankender Märkte Kredite restriktiver, und auch Käufer zeigen sich zunehmend zurückhaltend, größere Risiken einzugehen. Die Bereitschaft, eine teure Yacht über mehrere Jahre zu finanzieren, sinkt spürbar. Dazu kommen Finanzierungszinsen bis über 7%.


2. Veränderte Messekultur

Messe als Showroom statt Verkaufsplattform

Bereits vor der Pandemie zeichnete sich ab, dass Messen weniger unmittelbare Verkaufsbörsen sind, sondern vielmehr als Kontakt- und Marketingplattform dienen. Interessierte Kunden besuchen die boot, um sich einen Überblick zu verschaffen und Marken zu vergleichen. Der eigentliche Kaufprozess verlagert sich oft ins Internet oder ins direkte Gespräch mit Händlern und Werften, das später und in ruhiger Umgebung stattfindet. Hanse Yachts haben nicht mehr teilgenommen. Bavaria ebenfalls nicht.

Digitale Konkurrenz

Lange Zeit war der physische Messebesuch unverzichtbar, um neue Boote zu sehen oder Ausstattungen zu testen. Heutzutage bieten nahezu alle Hersteller und Händler virtuelle Rundgänge, Online-Konfiguratoren und Live-Chats mit Experten an. Potenzielle Käufer haben also mehr Möglichkeiten, sich auf digitalem Wege umfassend zu informieren. Dieser Trend verstärkt sich kontinuierlich und macht die traditionelle Kaufabwicklung am Messestand seltener.


3. Hohe Erwartungen und Marketingdruck

„Branchenhighlight“ mit schönen Bildern

Die boot 2025 wurde im Vorfeld einmal mehr als „das Branchenhighlight des Jahres“ vermarktet. Großflächige Werbekampagnen, Ankündigungen in Fachzeitschriften und Social Media sorgten für hohe Erwartungen bei Besuchern und Medien. Die Veranstalter präsentieren in Pressemeldungen gern eine positive Bilanz in Hinblick auf Besucherzahlen, Ausstellungsfläche und neue Modelle.

Realitätscheck: Weniger konkrete Abschlüsse

Abseits der medialen Schlagzeilen melden jedoch viele Aussteller, dass die Anzahl konkreter Leads und Abschlüsse deutlich hinter den Vorjahren zurückbleibt. Zwar strömen die Besucher, machen Fotos und sammeln Prospekte, doch ein spürbarer Teil dieser Kontakte mündet nicht mehr in einem direkten Verkauf. Ich sah 2025 mehr reine Schaulustige als ernsthafte Käufer.

Selbst von großen Namen höre ich geringste Verkaufszahlen.


4. Nachhaltigkeit und neue Technologien als Hemmschuh?

E-Antriebe und alternative Konzepte

Der Trend zu nachhaltigen Bootsantrieben – von E-Motoren bis hin zu Hybridlösungen – zeigt sich inzwischen sehr deutlich. Viele potenzielle Käufer sind neugierig, möchten aber erst einmal abwarten, wie sich die Technologie weiterentwickelt und welche Infrastruktur (z. B. Ladepunkte an Häfen) vorhanden sein wird. Diese Unsicherheit führt dazu, dass manche Interessenten ihre Kaufentscheidung hinauszögern, um in ein möglichst zukunftssicheres Modell zu investieren.

Ungeachtet dessen sehen viele in der plötzlichen GREEN Strategy der Branche eher Augenwischerei. Keine große Yacht ist wirklich umweltfreundlich.

Gesetze und Regulierungen

Zudem existieren vermehrt regionale oder nationale Vorgaben, die Verbrennungsmotoren auf Seen oder in Naturschutzgebieten einschränken. Wer in naher Zukunft umsteigen muss, beobachtet den Markt genau. Auch hier gilt: Viele wollen erst sicher sein, dass sie in ein Boot investieren, das längerfristig nutzbar bleibt. Bis dahin halten sie ihr Budget noch zurück.


5. Die Wahrheit hinter der Fassade

Die offiziell verkündeten Erfolge der boot 2025 basieren oft auf Besucherzahlen, medienwirksamen Show-Elementen und einer grundsätzlichen Begeisterung für Wassersport. In den Hochglanzbroschüren und Pressemitteilungen der Messeveranstalter liest man von innovativen Konzepten und großem Kundeninteresse.

Die ernüchternde Realität zeigt jedoch, dass der Markt – wie viele andere Branchen auch – mit massiver Kaufzurückhaltung und strukturellen Veränderungen kämpft. Für Aussteller und potentielle Käufer ist die Messe inzwischen nur noch ein Baustein in einem längeren Informations- und Kaufprozess. Verkaufsabschlüsse verlagern sich zunehmend in die Zeit nach der Messe oder finden sogar ausschließlich digital statt.


6. Ausblick

Auch wenn auf der boot 2025 weniger Boote direkt verkauft wurden, bedeutet dies nicht zwangsläufig das Ende der Messekultur. Veranstaltungen wie die boot bleiben wichtige Treffpunkte, um Branchenneuheiten zu präsentieren, Kontakte zu pflegen und Networking zu betreiben. Hersteller nutzen die Bühne, um ihre Markenbekanntheit zu steigern und Impulse für den Markt zu geben.

Allerdings könnte der klassische Messestand mit sofortigem Verkaufsdruck zunehmend aus der Zeit fallen. Die immensen Stand- und Logistikkosten rechnen sich nicht mehr und die Messer bringt für viele keinen Breakeven.

Die Zukunft gehört hybriden Konzepten, bei denen digitale Formate und physische Erlebnisse Hand in Hand gehen. Die Branche muss Wege finden, echte Kaufanreize zu schaffen und Vertrauen in neue Technologien zu vermitteln. Dann könnte das Besuchererlebnis wieder stärker mit realen Verkaufszahlen einhergehen – und die Marketingfassade würde sich langfristig mit mehr Substanz füllen.


Fazit:
Dass auf der boot 2025 nur wenige konkrete Verkäufe stattfanden, ist Ausdruck eines tiefgreifenden Wandels im Wassersportmarkt und im Messewesen. Wirtschaftliche Unsicherheiten, geändertes Verbraucherverhalten und wachsendes Interesse an neuen Antrieben sorgen für Zurückhaltung, während gleichzeitig die Bedeutung von Messen als reine Verkaufsevents schwindet. Die Veranstalter vermarkten die boot verständlicherweise weiterhin als absolutes Branchenhighlight – doch die Wahrheit zeigt sich in vielen Einzelfällen erst nach dem Messetrubel.

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