Seit 2018 geht es angesagten Leasing-Modellen diverser Jurisdiktionen mit dem Ziel einer pauschalen Turbo-Flat-Rate-VAT-Versteuerung buchstäblich an den Kragen.
Auslöser war das EUGH-Urteil zum Mercedes-Benz Finanzierungsleasing in 2017 (EuGH v. 04.10.2017 – C-164/16) welches der Frage nachging, ob derartige Leasing-Modelle noch als „Erbringung von Dienstleistungen“ zu qualifizieren sind. Im Ergebnis kam der EuGH zur Einstufung als Abzahlungskauf mit der Folge , dass zu Beginn des „Lease“ der volle geltende Umsatzsteuersatz ohne Vergünstigungen anzusetzen ist.
Yacht-Leasing-Modelle sind nur dann keine Abzahlungskäufe mit fällig voller Mehrwertsteuer, wenn sie wirtschaftlich als echte Nutzungsleasings mit reellem Restwert kalkuliert sind und nicht nach einer kurzen Laufzeit zur faktischen Abzahlung der Yacht führen und wirtschaftlich keine Alternative zur endgültigen Übernahme besteht.
In Frankreich hat die Verwaltung bislang – m.E. rein politisch getrieben zum Schutz der Bootswirtschaft – weiter das French-Lease als Dienstleistungsleasing mit anschließendem Kauf eines gebrauchten Bootes gehandhabt. Das kann m.E. keinen Bestand haben, denn alle Fälle sind offensichtlich so gestaltet, dass die Leasing-Anzahlung und -Raten weitab üblicher Nutzungsleasing-Maßstäbe darauf abzielen, dass nach bereits 3 oder 4 Jahren das Boot darüber komplett abgezahlt ist. Ohne Restwert. Die Kaufoptionsgebühr von max 1% des Bootspreises ist reine Augenwischerei. Der Leasingnehmer MUSS faktisch das Boot kaufen, will er nicht viel Geld verlieren.
Das hat nun das Verwaltungsgericht von Bordeaux, Az.18BX02182 genau so gesehen, indem es das EUGH-Urteil zum Mercedes-Benz Finanzierungsleasing in 2017 auf einen Fall des „French-Leasing“ anwendet und es als LIEFERUNG eingestuft. Damit wird die volle MwSt. fällig.
Inzwischen hat auch der Gesetzgeber reagiert: In 2018 bereits in Malta, dann in Italien und nun auch in Frankreich, was das formelle AUS des FRENCH-LEASING bedeutet. Nach meiner Auffassung verstieß es aber bereits seit dem Mercedes-Urteil gegen EU-Recht.
Künftig hat der Yachteigner-/betreiber damit nur zwei Türen zum Durchgehen:
Tür 1: Abzahlungskauf
Immer dann, wenn ein Leasing von Anfang an so kalkuliert ist, dass der kalkulierte Restwert nicht dem reellen Verkehrswert nach Ablauf des vereinbarten Leasingzeitraums entspricht, liegt ein ABZAHLUNGSKAUF vor mit der Folge, dass wie bei einem Sofortkauf versteuert werden muss.
Ein Miet-Kauf mit der Folge der vollen Versteuerung des Kaufgegenstandes bei Übernahme ist also immer dann gegeben, wenn
- das Geschäftsmodell schlicht die vorhersehbare Ausführung eines Vertrags bis zu seinem Ende durch redlich handelnde Parteien nach dem Grundsatz pacta sunt servanda beschreibt.
- das Lease-Modell sich dadurch auszeichnet, dass es an die Stelle des unmittelbaren Eigentumserwerbs tritt; der Leasingnehmer kann den Leasinggegenstand wie ein Eigentümer nutzen, ohne den gesamten Kaufpreis zum Zeitpunkt der Übergabe entrichten zu müssen. Der Vertrag kann Merkmale, die dem Erwerb eines Gegenstands gleichgesetzt werden können, aufweisen oder nicht, da die Parteien darin vorsehen können, dass der Leasingnehmer sich am Ende des Mietzeitraums dafür entscheiden kann, den Gegenstand zu erwerben oder nicht.
- das Eigentum am Ende der Vertragslaufzeit übertragen werden soll oder die abgezinste Summe der Leasingraten praktisch dem Verkehrswert des Gegenstands entspricht.
- es sich um einen Vertrag handelt, der eine „Vermietung … vorsieht [und] der regelmäßig die Klausel enthält, dass das Eigentum spätestens mit Zahlung der letzten fälligen Rate erworben wird”. Dafür wiederum muss der Vertrag ausdrücklich eine Klausel zum Übergang des Eigentums an diesem Gegenstand vom Leasinggeber auf den Leasingnehmer enthalten und das Geschäftsmodell auf den „Erwerb des Eigentums” an diesem Gegenstand alleine sinnig abzielt.
Es gibt auch keine Ermäßigung über einen Nachweis der teilweisen Nutzung außerhalb der EU!
Tür 2: Echtes Nutzungsleasing
Das echte Nutzungsleasing ist reell kalkuliert und weist am Ende der Laufzeit den üblichen Rest-Verkehrswert der Yacht aus. Damit hat der Leasingnehmer freibleibend die ebenso tatsächliche und wirtschaftliche Chance zu entscheiden, ob er das Leasingobjekt zurückgibt, ggf. den Vertrag verlängert oder das Leasingobjekt zum reellen Rest-Wert käuflich erwirbt.
Bei einem solchen „echten“ Nutzungsleasing geben Jurisdiktionen wie Malta, Italien oder gerade Frankreich neuerdings die Möglichkeit, durch geeignete Nachweise zu belegen, welche Quote der Nutzung außerhalb der EU vorliegt, was zu einer Reduktion der MwSt. führen kann.
Zum 1. November 2020 hat z.B. Frankreich folgende Regelung veröffentlicht:
BOI-TVA-CHAMP-20-50-30, Absatz 40:
40
Der Ort der Besteuerung der kurzfristigen Vermietung eines Transportmittels liegt in Frankreich, wenn das Transportmittel dem Leasingnehmer in Frankreich tatsächlich zur Verfügung gestellt wird.
Hinweis: Die Vermietung eines Bootes zum Zweck einer Vergnügungsreise an eine steuerpflichtige oder nichtsteuerpflichtige Person ist in Frankreich steuerpflichtig, wenn das Boot dieser Person in Frankreich tatsächlich zur Verfügung gestellt wurde. Die Mieten sind dann im Prinzip in Frankreich voll steuerpflichtig. Abweichend davon und um die Gefahr einer Doppelbesteuerung oder Wettbewerbsverzerrung zu vermeiden, ist jedoch der Teil der Mieten, der dem Anteil der Dauer der tatsächlichen Nutzung oder des tatsächlichen Betriebs des Schiffes außerhalb der Hoheitsgewässer der Europäischen Union entspricht, der vom Steuerschuldner unter seiner Verantwortung und vorbehaltlich des Rechts auf Kontrolle des Dienstes festgesetzt wird, gemäß a) Artikel 59a der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem von der Steuer befreit. Diese Einschätzung muss durch irgendein Beweismittel untermauert werden.
Bei Schiffen, die mit einem automatischen Identifizierungssystem ausgestattet sind, das den in Kapitel V des Internationalen Übereinkommens von 1974 zum Schutz des menschlichen Lebens auf See (SOLAS) festgelegten technischen und Leistungsnormen entspricht, werden die von diesem System aufgezeichneten Daten als schlüssig angesehen und können von der Verwaltung nur im Falle von Betrug mit diesem System in Frage gestellt werden.
Im Falle von Schiffen, die nicht mit einem solchen automatischen Identifizierungssystem ausgestattet sind :
- bei Schiffen mit einer Länge über alles von weniger als 15 m kann die Bewertung auf der Grundlage der Bedingungen des Mietvertrags oder der im Logbuch eingetragenen Daten erfolgen, wenn nachgewiesen wird, dass das Schiff die französischen Hoheitsgewässer oder einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verlassen hat;
- bei Schiffen mit einer Länge über alles von 15 Metern oder mehr stützt sich die Bewertung auf alle technischen Daten, die es ermöglichen, die tatsächlich außerhalb der Hoheitsgewässer Frankreichs oder eines anderen Mitgliedstaats der Europäischen Union verbrachte Zeit festzustellen.
Diese Bestimmungen gelten für Schiffsmiet- und -charterverträge, die ab dem 1. November 2020 abgeschlossen werden.
Überhaupt nicht akzeptabel finde ich, dass sich nun wieder französische Werften und Yacht-Assoziationen aufregen, weil – endlich – (zu ihrem Verkaufsnachteil wie sie fälschlich meinen) EU-einheltlich Rechtsklarheit geschaffen wurde.
Genug schon, dass offensichtlich die besondere politische Rolle Frankreichs in der EU dazu geführt hatte, dass das French-Lease so lang unter dem Radar der Rechtswidrigkeitssanktion segeln konnte, so wenig darf Frankreich gleichheitswidrig zu anderen EU-Staaten weiter eine Ausnahme spielen. Bislang haben nämlich die französischen und monegassischen Behörden entgegen der EU Rechtslage akzeptiert, dass Leasingnehmer, die einen relevanten Anteil außerhalb der EU-Gewässer verbrachten Zeit unabhängig von der Art des Schiffes eine pauschale Ermäßigung von 50% auf die Steuerbemessungsgrundlage anwenden. (Artikel A-25 des Steuergesetzbuches von Monaco / Umsetzung von Artikel 172 des Anhangs II der CGI, beide auf der Grundlage der Bestimmungen, mit Verweis auf die im Bulletin Officiel des Impôts, BOl n°15 vom 24. Januar 2005). Faktisch haben die meisten Yachten unter French-Lease die 12 Seemeilen Zone nie verlassen und damit die Voraussetzungen für die nun abgeschaffte Pauschalierung schon vor dem Mercedes-Urteil des EuGH im Ansatz nicht erfüllt. Diese Voraussetzung steht aber – soweit nicht verjährt – unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.