Einfalllos durch die Krise oder Innovator von Geschäftsmodellen?

Wie halten wir länger durch als die Konkurrenz scheint aktuell das Credo vieler Unternehmen zu sein. Sie fokussieren sich auf Effizienz- und Kostenoptimierung und begehen damit aber den entscheidenden Fehler gerade jetzt die Geschäftsmodellinnovation in den Mittelpunkt zustellen, zumindest Effizienz UND Strategie.

Nachhaltige strategische Innovation und Ambition ist immer schon, gerade in solchen Krisen und Veränderungen wie aktuell, die Basis gewesen, sich für die Zukunft aufzustellen. Mit Effizienz alleine hat noch kein Unternehmen lange bestanden.

Ein erweiterter Blickwinkel beim strategischen Denken kann dazu beitragen, dass Unternehmen relevante Chancen und Risiken nicht übersehen und Handlungsbedarf generieren, indem sie sich nicht nur auf den eng definierten Branchenmarkt beschränken, sondern auch den strategisch relevanten Markt (SRM) in Betracht ziehen. Der SRM geht je nach Geschäft weit über Branchengrenzen hinaus und bezieht inhaltlich wie geografisch alle Faktoren in den Betrachtungsraum ein, die im Sinne einer conditio sine qua non nicht weggedacht werden können, ohne dass entscheidende strategische Aspekte in einem toten Winkel untergingen. Durch die SRM-Betrachtung wird der Kontext quantitativ und qualitativ erweitert bzw. verändert und es entsteht ein ganz anderes Wettbewerbsfeld über bisherige Branchengrenzen hinaus. Unternehmen können so neue Risikodimensionen erkennen und große Chancen durch innovative Lösungen nutzen. Ein erweiterter Blickwinkel kann auch dazu beitragen, dass Unternehmen dynamische und nichtlineare Entwicklungen berücksichtigen und sich auf neue Wertschöpfungsprozesse einstellen können. Zudem können Unternehmen durch einen erweiterten Blickwinkel auch die Media- und Internetwelt des Web 2.0 in ihre Positionierung einbeziehen und so den Kampf um Wahrnehmung und Aufmerksamkeit besser verstehen und darauf reagieren.

Die Lebensfähigkeit eines Unternehmens als die entscheidende Ziel-Größe!

Geschäftsmodelle:

Ergebnisse einer aktuelle Studie von Nordantech:

Die Fokussierung auf Geschäftsmodellinnovationen im Vergleich zur reinen Effizienz- und Kostenoptimierung ist langfristig für Unternehmen aus mehreren Gründen wichtiger.

Lassen Sie mich die Erfahrungsthese anhand auch einiger Literaturbeispiele und Best Practices begründen:

  1. Anpassung an sich wandelnde Märkte: In einer dynamischen und sich schnell entwickelnden Geschäftsumgebung sind Unternehmen gezwungen, sich kontinuierlich an neue Marktbedingungen anzupassen. Effizienz- und Kostenoptimierung können kurzfristig helfen, Ressourcen zu sparen, bieten jedoch keine nachhaltige Lösung, um mit disruptiven Veränderungen Schritt zu halten. Geschäftsmodellinnovationen ermöglichen es Unternehmen, neue Marktchancen zu identifizieren, ihre Wettbewerbsposition zu stärken und innovative Produkte oder Dienstleistungen anzubieten, die den sich wandelnden Kundenbedürfnissen gerecht werden.
  2. Differenzierung vom Wettbewerb: Durch Geschäftsmodellinnovationen können Unternehmen einzigartige Werte schaffen und sich von Wettbewerbern differenzieren. Eine reine Fokussierung auf Effizienz- und Kostenoptimierung führt häufig dazu, dass Unternehmen ähnliche Strategien verfolgen und sich gegenseitig imitiert werden. Geschäftsmodellinnovationen bieten hingegen die Möglichkeit, neue Märkte zu erschließen, neue Kunden zu gewinnen und sich auf differenzierende Merkmale wie Kundenerlebnis, Produktqualität oder Service zu konzentrieren.
  3. Anpassung an technologische Veränderungen: Technologische Entwicklungen haben das Potenzial, ganze Branchen zu transformieren. Unternehmen, die sich ausschließlich auf Effizienz- und Kostenoptimierung konzentrieren, können von technologischen Disruptionen überholt werden. Geschäftsmodellinnovationen ermöglichen es Unternehmen hingegen, neue Technologien zu nutzen und diese in innovative Geschäftsmodelle einzubinden. Dies kann dazu führen, dass Unternehmen neue Einnahmequellen erschließen, Effizienzsteigerungen erzielen und ihre Wettbewerbsfähigkeit langfristig erhalten.
  4. Kundenorientierung und Nutzenstiftung: Geschäftsmodellinnovationen eröffnen Unternehmen die Möglichkeit, sich stärker auf die Bedürfnisse und Wünsche ihrer Kunden zu konzentrieren. Indem sie innovative Geschäftsmodelle entwickeln, die einen Mehrwert für ihre Kunden schaffen, können Unternehmen langfristige Kundenbeziehungen aufbauen und Kundenloyalität fördern. Effizienz- und Kostenoptimierung allein können dazu führen, dass Unternehmen die Kundenerfahrung vernachlässigen und den Kontakt zu ihren Kunden verlieren.
  5. Langfristige Wettbewerbsfähigkeit und Nachhaltigkeit: Geschäftsmodellinnovationen bieten Unternehmen die Möglichkeit, ihre langfristige Wettbewerbsfähigkeit und Nachhaltigkeit sicherzustellen. Durch die Schaffung neuer Werte, die Erschließung neuer Märkte und die Anpassung an sich ändernde Umweltbedingungen können Unternehmen ihre Lebensfähigkeit über einen längeren Zeitraum hinweg aufrechterhalten. Effizienz- und Kostenoptimierung sind zwar wichtig, um kurzfristige Gewinne zu erzielen, aber sie allein können nicht sicherstellen, dass ein Unternehmen langfristig erfolgreich bleibt.

Einige wichtige Literaturquellen zu diesem Thema sind:

  • Chesbrough, H. (2010). Business model innovation: opportunities and barriers. Long Range Planning, 43(2-3), 354-363.
  • Johnson, M. W., Christensen, C. M., & Kagermann, H. (2008). Reinventing your business model. Harvard Business Review, 86(12), 50-59.
  • Teece, D. J. (2010). Business models, business strategy and innovation. Long Range Planning, 43(2-3), 172-194.
  • Zott, C., Amit, R., & Massa, L. (2011). The business model: recent developments and future research. Journal of Management, 37(4), 1019-1042.

Werfen wir noch einen Blick auf zwei Innovations-Ansätze:

Hier eine kurze Gegenüberstellung der Kerngedanken der „Blauen Ozeane“ und der Disruptions-Theorie:

Die Theorie der „Blauen Ozeane“ nach W. Chan Kim und Renée Mauborgne:

  • Fokus auf die Erschließung unentdeckter Märkte anstelle des Wettbewerbs auf bestehenden Märkten („roter Ozean“)
  • Schaffung neuer Nachfrage durch bisher unbekannte Produkt- und Dienstleistungsangebote
  • Wertinnovation durch Nutzensteigerung und Kostensenkung
  • Überwindung bestehender Grenzen des Markt- und Industriendenkens
  • Neue Nachfrage entsteht, indem man sich auf bisher vernachlässigte Kundenbedürfnisse fokussiert

Die Disruptions-Theorie nach Clayton Christensen:

  • Fokus auf neue Technologien und Geschäftsmodelle, die etablierte Lösungen verdrängen können
  • Häufig zunächst nur Nischenlösungen, die aber rasch skalieren können
  • Bestehende Unternehmen investieren weiter in bestehende Technologien und verpassen daher disruptive Innovationen
  • Neue Wettbewerber setzen sich mit disruptiven Ansätzen gegen etablierte Anbieter durch
  • Niedrigere Kosten, Einfachheit und Zugänglichkeit als Treiber disruptiver Innovationen

Gemeinsam ist beiden Theorien der Fokus auf neue Lösungen außerhalb etablierter Strukturen.

Disruptive Innovationen müssen nicht immer technologiebasiert sein. Es gibt auch im Geschäftsmodell selbst disruptive Ansätze:

  • Neue Vertriebswege (z.B. Direktvertrieb, Online-Handel)
  • Neuartige Preis- und Erlösmodelle (z.B. Flatrate-Modelle, Freemium)
  • Nutzung bisher ungenutzter Ressourcen (z.B. Uber, AirBnB)
  • Komplett neue Kundengruppen ansprechen
  • Bestehende Dienstleistungen kostenlos anbieten
  • Massenindividualisierung durch Modularisierung
  • Netzwerkeffekte und Plattformeffekte nutzen
  • Outsourcing und Fokus auf Kernkompetenzen

Diese und andere innovativen Geschäftsmodelle können etablierte Unternehmen disruptiv herausfordern, auch ohne neue Technologien. Entscheidend ist, bestehende Spielregeln der Branche neu zu definieren und Kundenbedürfnisse auf neue Art zu adressieren. Beispiele sind die Disruption des Taxigewerbes durch Uber oder des Beherbergungsgewerbes durch AirBnB.

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